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Auf den Punkt

  • Der Begriff Mobbing leitet sich von dem englischen Verb „to mob“ ab, was so viel wie anpöbeln, bedrängen oder attackieren bedeutet.
  • Die Besonderheit des Mobbings liegt darin, dass es kein einzelner Akt, sondern eine systematische Schikane bzw. Diskriminierung ist.
  • Am Arbeitsplatz kann Mobbing auf verschiedene Arten stattfinden und von unterschiedlichen Tätern ausgehen.
  • Einzelne Handlungen von mobbenden Kollegen können strafbar sein und mit einem Schmerzensgeldanspruch einhergehen.
 
 

Was ist Mobbing am Arbeitsplatz?

Die Definition von Mobbing ist das systematische Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren anderer Personen. Der Begriff selbst leitet sich von dem englischen Verb „to mob“ ab, was so viel wie anpöbeln, bedrängen, attackieren oder angreifen bedeutet. Das Konzept des Mobbings unterscheidet sich grundlegend von herkömmlichen Konflikten oder Streitereien, weil es systematisch und gezielt über einen längeren Zeitraum betrieben wird und meistens darauf abzielt, Menschen auszugrenzen. Am Arbeitsplatz kann dies etwa dann der Fall sein, wenn Kollegen oder Vorgesetzte einen Mitarbeitenden regelmäßig schikanieren.

Laut einer von der ARAG unterstützten Studie des Bündnisses gegen Cybermobbing sagt in Deutschland fast jeder dritte Erwachsene von sich, schon einmal Opfer von Mobbing gewesen zu sein und stark unter der Anfeindung gelitten zu haben.

 

Ab wann spricht man von Mobbing?

Da sich Mobbing primär darüber definiert, dass es regelmäßig und gezielt stattfindet, kann nicht jedes Verhalten oder jeder Konflikt unter diesem Oberbegriff zusammengefasst werden. Unter Mobbing fallen dementsprechend weder ungerechtes und unsoziales Verhalten, das nur einmalig oder kurzfristig ist (etwa eine einmalige Bevorzugung), noch strafrechtliche Tatbestände, wie ein Diebstahl durch einen Kollegen. Insbesondere an einem Arbeitsplatz, wo Menschen teils über Jahre hinweg zusammenarbeiten, sind kleinere Auseinandersetzungen, Ungereimtheiten und Tuscheleien nicht selten. Auch zu größeren Konflikten kann es hin und wieder kommen. Von Mobbing kann in diesen Fällen nicht pauschal die Rede sein.

Dass nicht gleich jede berechtigte oder überzogene Kritik durch den eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts darstellt, zeigen Gerichtsurteile aus der Vergangenheit. So wurde die Schmerzensgeldforderung einer Arbeitnehmerin in Höhe von 893.000 Euro wegen Mobbings zurückgewiesen, die beklagt hatte, in ihrem Beruf bei einer Stadtverwaltung immer wieder Schikanen ausgesetzt gewesen zu sein (LAG Düsseldorf, Az.: 17 Sa 602/12). Das Gericht kam in diesem Fall jedoch zu einer anderen Einschätzung und konnte im Gesamtverhalten des Arbeitgebers kein Mobbing feststellen. Die Besonderheit des Mobbings sei es nämlich, dass nicht einzelne, sondern die Zusammenfassung mehrerer Einzelakte zu einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts oder der Gesundheit des Arbeitnehmers führt. Hierfür sei der vermeintlich gemobbte Arbeitnehmer darlegungs- und beweispflichtig. Dies gelang der Klägerin allerdings nicht.

 
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Bossing, Staffing und andere Formen des Mobbing

Beim Mobbing am Arbeitsplatz wird in der Regel zwischen verschiedenen Formen des Mobbings unterschieden. Diese ergeben sich zum einen aus der Frage, auf welchem Wege die Täter das Opfer mobben (verbal, nonverbal oder auf digitalem Wege) und zum anderen aus den unterschiedlichen hierarchischen Konstellationen am Arbeitsplatz und der Frage, wer wen schikaniert oder benachteiligt (unterschieden wird hier zwischen Mobbing durch einen Vorgesetzten und Mobbing unter Kollegen).

Zu den verschiedenen Formen des Mobbings am Arbeitsplatz zählen:

 
  1. Verbales Mobbing:
    Beim verbalen Mobbing verzichten die Täter darauf, dem Opfer physischen Schaden zuzufügen, sondern mobben vor allem mit Worten, also mittels Verhöhnungen, Beleidigungen und konstruierten Anschuldigungen. Beleidigt ein Kollege Sie systematisch, fällt das unter verbales Mobbing.
  2. Nonverbales Mobbing:
    Von nonverbalem oder sozialem Mobbing ist immer dann die Rede, wenn das Mobbing-Opfer ganz ohne Worte oder physische Gewalt psychisch zermürbt wird. Dies kann zum Beispiel durch gewisse diskriminierende Gesten, Nachahmungen oder abfällige Blicke geschehen – oder durch Ausgrenzung: Zum Beispiel, wenn die Kollegen Sie aktiv von gemeinsamen Veranstaltungen ausschließen.
  3. Cybermobbing:
    Mobbing am Arbeitsplatz kann nicht nur in der analogen Welt, sondern auch im digitalen Raum stattfinden. Etwa, indem die Täter einen Arbeitnehmenden über soziale Medien, Messenger oder per E-Mail schikanieren.
  4. Sexuelles Mobbing:
    Sexualisierte Gewalt und Belästigung kann beim Mobbing als Mittel zum Zweck eingesetzt werden, beispielsweise indem die Täter ihr Opfer wiederholt verbal oder körperlich bedrängen.
 

Außerdem unterscheidet man zwischen:

 
  • Mobbing: Als Mobbing am Arbeitsplatz bezeichnet man meist jene Mobbinghandlungen, die zwischen Kollegen und Kolleginnen auf der gleichen Hierarchiestufe stattfinden.
  • Bossing: Von Bossing spricht man, wenn ein Vorgesetzter systematisch einen hierarchisch untergeordneten Mitarbeitenden schikaniert, z. B. durch wiederkehrende überzogene Kritik oder das wiederholende Bloßstellen vor anderen Mitarbeitenden.
  • Staffing: Das sogenannte Staffing ist das genaue Gegenteil des Bossing. Beim Staffing sind es nämlich die Mitarbeitenden, die ihre Vorgesetzten mobben. Zum Beispiel, indem sie dem Chef absichtlich Informationen vorenthalten oder Anweisungen nicht befolgen.
  • Straining: Beim Straining wird ein Mitarbeitender von seinen Kollegen oder seinen Vorgesetzten absichtlich überfordert, bis er an dem Druck erkrankt oder unter ihm zusammenbricht. Dies wird beispielsweise dadurch erreicht, dass dem Opfer unlösbare Aufgaben gestellt oder viel zu viele Aufträge für die verfügbare Arbeitszeit erteilt werden.
  • Gaslighting: Das sogenannte Gaslighting bezeichnet eine Form des Mobbings, bei der das Opfer gewollt verunsichert werden soll. Zum Beispiel, indem Aussagen des Opfers immer wieder hinterfragt und seine Meinungen in Meetings als lächerlich oder trivial abgetan werden.
 

Wenn der Arbeitnehmer vom Chef am Arbeitsplatz gemobbt wird: Betriebsrat kann helfen

Gemobbt wird am häufigsten unter Kollegen. Trotzdem kommt es immer wieder zu Fällen, bei denen Arbeitnehmende systematisch und über einen langen Zeitraum direkt oder indirekt von ihren Vorgesetzten angegriffen werden. Und anders als beim Mobbing unter Kollegen hat die betroffene Person hierbei noch weniger Macht, sich zu wehren, da es dem Täter in der Unternehmenshierarchie untergeordnet ist. Dies verschärft das Problem in der Regel enorm. In der Fachliteratur spricht man hierbei von „downward bullying“, also der Schikane von oben nach unten.

Gerade weil die Machtverteilung beim Mobbing durch die Chefetage so klar ist, sollten Mobbingopfer sich in diesem Fall nicht mit allen Mitteln selbst helfen, sondern schnellstmöglich die Unterstützung von Dritten einholen und andere Parteien miteinbeziehen. Empfehlenswert ist es dabei vor allem, ein direktes Gespräch mit dem Personal- oder Betriebsrat zu suchen. Denn dieser ist als abteilungsübergreifende Interessenvertretung sämtlicher Mitarbeitenden dazu verpflichtet, sich dem Problem des Mobbings durch den Chef anzunehmen. Zum anderen können Sie sich auch an Ihre Gewerkschaft wenden oder eine Mobbingberatungsstelle in Ihrer Nähe. Nicht vergessen sollten Sie zudem, Ihre tagtägliche Mobbingerfahrung festzuhalten und in einem Mobbing-Tagebuch aufzuschreiben, damit Sie diese im Falle einer späteren juristischen Auseinandersetzung genau darlegen können.

Mobbing am Arbeitsplatz – Die häufigsten Täter
 

Welche Folgen hat Mobbing im Büro?

Dass Mobbing am Arbeitsplatz weitaus häufiger vorkommt als gemeinhin angenommen und Opfer regelmäßig psychisch und physisch krank macht, belegen zahlreiche Studien und Untersuchungen zu dem Thema. Häufig leiden die Opfer dabei unter körperlichen und seelischen Beschwerden wie

  • Schlaflosigkeit
  • Nervosität
  • Angstzuständen
  • Konzentrationsstörungen
  • Depressionen
  • Kopfschmerzen
  • Magen-Darm-Beschwerden
  • Mangelndes Selbstwertgefühl

Auch ein Hörsturz, Medikamentenabhängigkeiten oder suizidale Gedanken können aus Mobbing resultieren. Am Arbeitsplatz drückt sich Mobbing unter Opfern oft durch stark reduzierte Leistungsfähigkeit und Misstrauen gegenüber Mitarbeitenden und Vorgesetzten aus.

Trotz dieser Erkenntnisse sind die gesundheitlichen Folgen von Mobbing oft weder als Arbeitsunfall einzustufen noch von der gesetzlichen Unfallversicherung zu entschädigen, wie ein Urteil des hessischen Landessozialgerichts zeigt (LSG Hessen, Az.: L 3 U 199/11). Im zugrunde liegenden Fall fühlte sich eine Arbeitnehmerin aufgrund negativer Gerüchte am Arbeitsplatz gemobbt. Sie litt an psychischen Gesundheitsstörungen, die sie auf das Mobbing am Arbeitsplatz zurückführte. Hierfür beantragte sie gegenüber der gesetzlichen Unfallversicherung eine Entschädigung. Die zuständige Unfallkasse lehnte den Antrag allerdings ab. Die angerufenen Richter des hessischen Landessozialgerichts – ebenso wie die Vorinstanz – gaben der Unfallkasse dabei Recht. Mobbing und die hierauf beruhenden Gesundheitsbeeinträchtigungen seien keine anerkannte Berufskrankheit.

Die Erkrankung kann nicht wie eine Berufskrankheit entschädigt werden, weil keine Erkenntnisse vorliegen, dass eine bestimmte Berufsgruppe bei ihrer Tätigkeit in weitaus höherem Grade als die übrige Bevölkerung Mobbing ausgesetzt ist. Vielmehr kommt Mobbing in allen Berufsgruppen sowie im privaten Umfeld vor.

 

Kann sich der Arbeitnehmer bei Mobbing krankschreiben lassen?

Die Antwort auf die Frage, ob eine Krankschreibung wegen Mobbing am Arbeitsplatz denkbar ist, muss aus arbeitsrechtlicher Sicht zunächst „Nein“ lauten. Dies ist allerdings eher eine Formalie, denn eine Krankschreibung kann grundsätzlich nur wegen einer Erkrankung ausgestellt werden. Und Mobbing ist zunächst einmal keine gesundheitliche Beschwerde, sondern eine Handlung. Folgt man dieser Definition, ist klar: Einer Krankmeldung wegen durch Mobbing verursachten Erkrankungen steht – bei entsprechenden seelischen oder körperlichen Krankheitssymptomen – in der Regel nichts im Wege.

Gleichzeitig sollten sich Opfer von Mobbing am Arbeitsplatz stets darüber bewusst sein, dass eine Krankschreibung ihr grundlegendes Problem nicht löst. Vielmehr kann eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung immer nur für etwas Abstand zu den Kollegen und so für eine Deeskalation der Situation sorgen. Gespräche über das Mobbing mit dem Personalrat oder dem Human Ressource Management müssen über kurz oder lang trotzdem geführt werden, wenn das Problem an der Wurzel behandelt werden soll.

 

Letzter Ausweg: Kündigung wegen Mobbing

Fühlen Sie sich wegen Psychoterror am Arbeitsplatz durch Vorgesetzte oder Kollegen nicht mehr in der Lage, Ihren Job auszuüben und ist keine Besserung des Problems in Sicht? Dann kommt natürlich auch eine Kündigung in Frage. Eine ordentliche Kündigung muss dabei in der Regel mit einer Kündigungsfrist von vier Wochen zum Monatsende oder zum 15. eines Monats eingereicht werden. Wollen Sie Ihr Arbeitsverhältnis wiederum sofort beenden und fristlos kündigen, muss dafür ersichtlich sein, dass ein Verbleib am Arbeitsplatz bis Fristende nicht zumutbar ist. Dies ergibt sich aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), das dazu unter anderem besagt:

Fristlos gekündigt werden kann laut BGB nur dann, „wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.“

Kommt es am Arbeitsplatz zu der Identifizierung und Konfrontation der Täter, sollte Mobbing im Regelfall nicht in Ihrer Kündigung münden, sondern in der Freistellung der Verursachenden. Immerhin stören diese durch ihr Verhalten nicht nur den Betriebsfrieden, sondern fügen auch Ihnen und Ihrem Arbeitgeber Schaden zu (etwa indem ihm Ihre Arbeitsleistung nur noch eingeschränkt oder gar nicht mehr zur Verfügung steht). Der Arbeitgeber ist deshalb in vielen Fällen nicht nur berechtigt, sondern aufgrund seiner Schutz- und Fürsorgepflicht sogar dazu verpflichtet, sich schützend vor Sie zu stellen und das Mobbing am Arbeitsplatz zu unterbinden.

 

Was sollten Arbeitnehmer bei Mobbing am Arbeitsplatz tun? Mobbing-Tagebuch & Co.

Von Mobbing betroffene Menschen schweigen das Problem oft lange tot, anstatt zu handeln. Kein Wunder, schließlich sind viele Arbeitnehmende auf ihren Arbeitsplatz angewiesen und können sich das Risiko einer offenen Konfrontation mit einem Vorgesetzten oder Kollegen aus der eigenen Sicht kaum leisten. Gerade in einer Drucksituation ist es besonders schwer, den richtigen Umgang mit einem intriganten Kollegen oder hinterhältigen Vorgesetzten zu finden. Einige einfache Mittel und Methoden lassen sich jedoch gut anwenden:

  • Führen Sie ein Mobbing-Tagebuch: Da Mobbing und diskriminierendes Verhalten oft im Verborgenen stattfinden, ist es wichtig, Ort, Zeit, Vorfallhergang und beteiligte Personen schriftlich festzuhalten. Diese Notizen helfen nicht nur dabei, die systematische Art der Angriffe aufzudecken, sondern können in einer späteren juristischen Auseinandersetzung wichtig werden.
  • Machen Sie sich nicht klein: Werden Sie von Kollegen oder Vorgesetzten am Arbeitsplatz diskriminiert und schikaniert, sollten Sie bis zu einem gewissen Grad dagegenhalten. Weisen Sie deshalb insbesondere in Anwesenheit von Unbeteiligten auf das Verhalten hin und lassen Sie sich Ihre Arbeit nicht schlecht machen.
  • Bleiben Sie sachlich: Auf keinen Fall sollten Sie sich innerhalb eines Mobbingfalls auf das Niveau der Täter herunterlassen. Formulieren Sie stattdessen klar, was Ihnen missfällt und wie Sie sich fühlen, ohne sich auf Direktangriffe und Streitereien einzulassen. Auch ein Verweis auf das unprofessionelle Verhalten der Täter kann manchmal sinnvoll sein, etwa: „Das ist meiner Meinung nach nicht die Arbeitskultur, die wir hier pflegen.“
  • Beziehen Sie Dritte mit ein: Egal, ob es ein Vorgesetzter oder der Betriebsrat ist: Verspricht der Austausch mit den mobbenden Kollegen keine Besserung oder ist bereits mehrfach gescheitert, sollten Sie in jedem Fall andere Parteien miteinbeziehen, um eine Lösung des Problems herbeizuführen. Eine professionelle Mediation hilft dabei fair zum Kern des Konflikts vorzudringen und diesen kreativ zu lösen.
 
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Rechte und Pflichten: Ist Mobbing strafbar?

Mobbing am Arbeitsplatz als solches ist nicht strafbar. Jedoch können gewisse Handlungen des Mobbenden die Schwelle zur Strafbarkeit überschreiten. So kann im Einzelfall der Straftatbestand der Beleidigung oder der üblen Nachrede erfüllt sein. Auch das Cyber-Mobbing kann vor diesem Hintergrund strafbar sein, beispielsweise dann, wenn versandte oder veröffentlichte Ton- bzw. Bildaufnahmen des Mobbingopfers die „Vertraulichkeit des Wortes“ (§ 201 StGB) oder des „höchstpersönlichen Lebensbereiches und von Persönlichkeitsrechte“ (§ 201a StGB) verletzen. Zudem kann es im Rahmen des Mobbings zu körperlichen Übergriffen kommen, die strafbar sind, also beispielsweise zu einer Körperverletzung, einer (sexuellen) Nötigung oder einer Bedrohung. In all diesen Fällen sollte gegen den oder die Mobbenden ein Strafantrag bei der Polizei gestellt werden.

Haben Betroffene den Eindruck, dass es sich dabei um ein systematisches Vorgehen handelt, sollten sie ein Mobbing-Tagebuch führen, in dem sie die einzelnen Vorfälle nach Tag und Uhrzeit notieren und eventuelle Beweismittel (z. B. Zeugen, E-Mails etc.) festhalten. Entstandene Gesundheitsbeeinträchtigungen und Arztbesuche, die wegen der Mobbingvorfälle stattfinden, sollten ebenfalls dokumentiert werden. Denn nur so können Betroffene den Vorwurf des Mobbings ausreichend darlegen und beweisen, wenn sie den Mobber auf Zahlung von Schadensersatz oder Schmerzensgeld verklagen.

Wichtig zu wissen: Oft bleibt das Verhalten des oder der Mobbenden unterhalb der Strafbarkeitsschwelle. Dies ist häufig bei sozialer Ausgrenzung, ständiger Arbeitskontrolle oder anderen Schikanen am Arbeitsplatz (etwa unberechtigter Kritik) der Fall.

 

Schmerzensgeld und Entschädigung durch Mobbenden

Opfer von Mobbing am Arbeitsplatz müssen dieses Verhalten nicht einfach über sich ergehen lassen, sondern können neben einer Klärung des Problems mit Kollegen, Vorgesetzten oder dem Betriebsrat auch aktiv ein Schmerzensgeld einfordern. Dies ergibt sich unter anderem aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) und dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Letzteres schließt die Folgen von Mobbing unter dem Oberbegriff „Immaterieller Schaden“ mit ein und postuliert diesbezüglich in § 253:

„Ist wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung Schadensersatz zu leisten, kann auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden.“

Ähnlich verhält es sich mit dem AGG, das bei psychischen Schäden von Arbeitnehmenden ein Schmerzensgeld vorsieht. Unter die strafbaren Handlungen von Kollegen oder Vorgesetzten fallen dabei alle Übergriffe, die sich gegen Rasse, ethnische Herkunft, Geschlecht, Religion, vorhandene Behinderung, Alter oder sexuelle Identität des Betroffenen richten. Eine wichtige Unterscheidung zwischen AGG und BGB ist, dass sich der Anspruch auf Schmerzensgeld im BGB auf den Täter bzw. den Mobbenden bezieht, beim AGG hingegen der Arbeitgeber in die Pflicht genommen wird. Zur Kenntnis genommen werden muss die Tatsache, dass der Schmerzensgeldanspruch wegen Mobbings unter bestimmten Umständen verwirken kann. Gerade deshalb sollten Betroffene im besten Fall den Rat eines Anwalts mit Hintergrund im Arbeitsrecht einholen.

Ein erfolgreiches Beispiel dafür, wie sich Mobbingopfer gerichtlich wehren können, lieferte ein Fall vor dem Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (LAG Berlin-Brandenburg Az.: 10 Sa 704/19). Hier wurden einer Arbeitnehmerin wegen des Mobbings ihres Arbeitgebers insgesamt 7.000 Euro Schmerzensgeld zugesprochen. Der Fall: Nach positivem Ausgang eines Kündigungsschutzverfahrens war die Arbeitnehmerin von ihrem Arbeitgeber zwar weiterbeschäftigt, jedoch immer wieder gedemütigt worden. So durfte sie etwa nicht mit anderen Mitarbeitenden kommunizieren, bekam minderwertige Aufgaben und erhielt monatelang kein Namensschild an ihrer Bürotür. Das LAG Berlin-Brandenburg sah darin eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts und gab ihrer Klage statt.

 

Udo Vetter zu Mobbing

 

"Wir dürfen nicht wegsehen!"

„Die Zahl ist erschreckend: Fast jeder dritte Erwachsene sagt von sich, er sei schon mal Opfer von Mobbing gewesen und habe stark darunter gelitten. Die Symptome beginnen bei Schlaflosigkeit, Nervosität oder Angstzuständen. Sie gehen oft viel weiter. Zahlreiche Betroffene werden dauerhaft krank, ein Prozent dachte sogar an Selbstmord.

Spätestens mit diesen Zahlen, die sich aus einer von der ARAG unterstützten Studie des „Bündnisses gegen Cybermobbing“ ergeben, wird man Mobbing nicht mehr als Randerscheinung abtun können. Für die deutschlandweite Untersuchung, die größte bisher, wurden 6.200 Erwachsene nach ihren Erfahrungen in der Online- und Offlinewelt befragt.

Wo findet Mobbing statt? Ich persönlich hätte aufs Internet getippt, denn die Online-Welt verspricht den Tätern zweifellos Anonymität und Reichweite. So schlimm jeder Fall von Cybermobbing ist, gemobbt wird laut der Studie aber tatsächlich drei Mal häufiger im wirklichen Leben. Tatort Nr. 1 ist der Arbeitsplatz. Dort spielen sich zwei Drittel aller Fälle ab.

Neid und Konkurrenzstreben sind aus Opfersicht die häufigsten Gründe für Mobbing Im Betrieb. Da ist es nachvollziehbar, dass sich die meisten Mobbingfälle unter „Gleichgestellten“ zutragen sollen. Mit anderen Worten: Gemobbt wird unter Kollegen, der Chef kriegt häufig erst mal gar nichts mit. Vielleicht ist das auch ein Grund, warum laut der Studie selbst große Firmen kaum wirksame Anti-Mobbing-Programme haben. Dabei könnten sie nicht nur das Arbeitsklima verbessern, sondern auch viel Geld sparen. Mobbingopfer sind pro Jahr fünf Tage länger krank als ihre Kollegen.

Keine Frage, bei dieser Opferzahl muss Mobbing auf die gesellschaftliche Agenda. Allerdings sollte hier nicht reflexartig nach einem eigenständigen Anti-Mobbing-Paragrafen im Strafgesetzbuch gerufen werden. Es ist nämlich faktisch kaum möglich, die vielfältigen Erscheinungsformen von Mobbing in eine Norm zu packen. Überdies gibt es eigentlich bereits genug Tatbestände, welche das klassische Mobbing abdecken, dazu gehören Beleidigung, Nötigung, Körperverletzung und Stalking. Mehr als symbolische Wirkung hätte so ein Paragraf also kaum; den Opfern wäre damit nicht geholfen.

Tatsächlich sind vielmehr das Zivil- und Arbeitsrecht gefordert. Angesichts der Dimension von Mobbing wäre es sinnvoll, wenn es für jeden Arbeitnehmer und sonstigen Betroffenen Beratungsangebote gäbe, flankiert von kompetenten Schlichtungsstellen. Abgesehen davon ist es unser aller Pflicht, bei Mobbing im eigenen Umfeld nicht wegzusehen. Schon damit ließe sich sicher viel erreichen.“

 

Hajo Brumund

Fachanwalt für Arbeitsrecht und Verkehrsrecht

  • Rechtsanwalt und Partner, rbo-Rechtsanwälte und Notarin GbR
  • ARAG Partneranwalt & Arbeitsrechts-Experte
  • Fachanwalt für Arbeitsrecht seit 2008

Ich bin Fachanwalt für Arbeitsrecht in Oldenburg und unterstütze Arbeitnehmende in unserer Kanzlei bei allen rechtlichen Angelegenheiten. Mein Ziel ist es, die oft komplizierte Rechtsprechung im Arbeitsrecht verständlich für jeden aufzubereiten. Ich beantworte gerne Fragen und bin unter folgender Nummer erreichbar:

hb@rbo-rechtsanwaelte.de

 

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