Hobby Horsing:
Das Glück der Erde liegt auf einem Steckenpferd
Kreativ, körperlich fordernd und nicht nur für Kinder! Und bald in Ihrem Verein?
25.11.2024 • 5 min Lesezeit
Die Herkunft des Hobby Horsing
Ein Import aus Finnland wird immer beliebter: Hobby Horsing, das Reiten auf Steckenpferden, hat sich innerhalb von zwei Jahrzehnten zu einem internationalen Phänomen entwickelt. Seine Herkunft ist denkbar einfach: Ist nicht (fast) jedes Kind auf dem Rücken eines Holzstock-Pferdes im elterlichen Garten über Hindernisse gesprungen? Finnische Jugendliche taten in den 2000er Jahren dasselbe: Sie nutzten handgefertigte Steckenpferde für Dressur- und Sprungübungen und setzten ihre Liebe zum Reitsport spielerisch um.
Neu und durchschlagend: Die finnischen Jugendlichen gründeten Clubs und organisierten Veranstaltungen, um ihre Fähigkeiten und ihre kreativen Pferde zu präsentieren. Besonders bekannt wurde der Sport durch die Dokumentation „Hobbyhorse Revolution“ (2017), die Einblicke in die Geschichten junger Pionierinnen und deren Engagement gibt.
2016 wurde der erste Hobby Horsing-Verband, der „SKHHRY Suomen Keppihevosyhdistys“, gegründet. Heute finden jährlich nationale Meisterschaften in Finnland statt. Auch in Deutschland findet der Sport Anklang: Seit 2023 gibt es den Deutschen Hobby Horsing Verband e.V. Die erste deutsche Meisterschaft fand 2024 statt.
Der Verband wird künftig ein Regelwerk aufstellen, Meisterschaften organisieren und Ranglisten verwalten. Die Deutsche Reiterliche Vereinigung hat Hobby Horsing in ihre Wettkampfordnung 2024 aufgenommen. In der Deutschen Hobby Horse Trainer-Vereinigung sind Trainer und Trainerinnen organisiert: Auf der Website finden sich Trainingspläne, eine deutschlandweite Liste der anbietenden Vereine sowie eine Pferdepass-Vorlage für Hobby Horses.
Ein ernstzunehmender Sport
Kein Kinderspiel: Hobby Horsing ist ein ernstzunehmender anspruchsvoller Sport. Die Leistungen der Sportlerinnen und Sportler sind beeindruckend. 2023 stellte ein 14-jähriges Mädchen aus Deutschland den Weltrekord im Sprung auf: Sie überwand ein Hindernis von 1,42 Metern.
Wie beim „echten“ Reiten gibt es unterschiedliche Disziplinen:
- Dressur, die Königsdisziplin: Die Reiterin oder der Reiter muss den eigenen Körper, sowie die Positionierung des Hobbyhorses beherrschen. Die sorgfältige Ausführung der einzelnen Elemente, die Übergänge und der Gesamteindruck sind Bestandteil der Übungen.
- Springreiten: Acht bis zwölf Hindernisse müssen überwunden werden.
- Puissance: Der höchste Punkt des Sprungs muss im Galopp überwunden werden, ohne zu reißen.
- Western Trail: Hierbei werden einzelne Hindernisse absolviert, etwa das Reiten über Cavaletti, das Öffnen und Schließen eines Tores, die Rückwärtsbewegung oder der Slalom. Dies geschieht jeweils im Schritt, Trab und Galopp.
- Pferderennen: Das klassische Wettrennen mit bis zu sechs Teilnehmenden, manchmal zusätzlich mit integrierten Sprüngen.
- Western Horsemanship oder Western Dressur: Die Übungen sind etwas „rustikaler“ als die klassischen Dressurübungen.
Wer nun behauptet, der Sport sei nur etwas für kleine Kinder, ist noch nie durch tiefen Sand galoppiert: Hobby Horsing sieht zwar niedlich aus, ist aber ein knallharter Sport. Gefordert sind Sprungkraft, Körperbeherrschung, Ausdauer und Kondition, Zeit- und Taktgefühl. Eine gute Portion Leichtathletik gewürzt mit einer Prise Rhythmischer Sportgymnastik auf Sand.
Der Sport wird hauptsächlich von Reitvereinen angeboten – und tatsächlich besteht die Sportlerinnenschaft fast ausschließlich aus Mädchen bis etwa 16 Jahren. Erste Breitensportvereine bieten Hobby Horsing jedoch auch bereits an, nicht nur als eigenständige Sportart, sondern auch als lustigen, kommunikativen und fordernden Kurs-Bestandteil.
Zu Recht: Die Sportart fördert die körperliche Fitness und schult Koordination, Ausdauer und Gleichgewicht. Durch das Nachstellen der Bewegungen des Reitsports werden Muskulatur und Körpergefühl gestärkt. Das Springen über Hindernisse fördert die Sprungkraft und bei der Dressur wird an Eleganz und Körperhaltung gearbeitet. Dementsprechend ist es tatsächlich ein Sport für jedes Alter und jedes körperliche Fitnesslevel – auch wenn es auf den ersten Blick nicht so aussieht.
Wenn Reitsport und Kreativität aufeinandertreffen
Hobby Horsing ist eine Sportart für Menschen jeden Alters. Die Hauptzielgruppe sind allerdings Kinder und Jugendliche im Alter zwischen 10 und 18 Jahren. Da es keine besonderen körperlichen Voraussetzungen erfordert, eignet sich die Sportart auch für Kinder ab etwa drei Jahren, die spielerisch an die Bewegungen des Reitsports herangeführt werden können.
Der Sport ist inklusiv und kann auch von Menschen mit körperlichen oder geistigen Einschränkungen ausgeübt werden. Mit nur wenigen Anpassungen wie spezielle Halterungen für Rollstuhlfahrer, wird Hobby Horsing so gestaltet, dass jede Person mitmachen kann.
Viele Veranstalter achten darauf, dass es keine hohen Teilnahmegebühren gibt, sodass Hobby Horsing für Kinder und Jugendliche aus verschiedenen sozialen und finanziellen Hintergründen zugänglich ist.
Überhaupt bringt Hobby Horsing zwei besondere Aspekte mit: Zunächst kommen pferdebegeisterte Nicht-Reiter und Nicht-Reiterinnen ihrem Lieblingstier nah. Außerdem ist Hobby Horsing für eine breite Gruppe von Menschen zugänglich, die möglicherweise nicht über die Mittel verfügen, ein echtes Pferd zu besitzen oder zu pflegen. Es schafft gleiche Wettbewerbsbedingungen und macht Reitsportaktivitäten inklusiver.
Die Kreativität, die die Sportlerinnen und Sportleraufwenden, um ihre eigenen Steckenpferde zu erschaffen, ist grandios. Viele Bastler und Bastlerinnen haben Spaß daran, ihre eigenen Horses, Kostüme und Requisiten herzustellen und Rollen und Charaktereigenschaften für sie zu erfinden.
Gut aufgewärmt ist halb galoppiert
Die körperliche Belastung beim Hobby Horsing ist durch die hohe Sprungfrequenz auf oft unebenem, sandigem Untergrund und die schnellen Sprints besonders intensiv. Dadurch besteht vor allem für die Außenbänder des Sprunggelenks ein erhöhtes Verletzungsrisiko. Um dieses zu verringern, ist ein gezieltes Warm-up wichtig, das den gesamten Bewegungsapparat auf die bevorstehenden Anforderungen vorbereitet.
Ein „reitergerechtes“ Warm-up könnte wie folgt aussehen: Damit der Körper in Schwung gebracht wird, bilden lockeres Joggen und Elemente des Lauf-ABCs wie der Hopserlauf den Einstieg. Anschließend folgen Kraftübungen für die Bein- und Rumpfmuskulatur, zum Beispiel Kniebeugen und Unterarmstütz, um die für den Sport erforderliche Muskelspannung zu fördern. Dynamische Dehnübungen, wie etwa der Ausfallschritt mit zusätzlicher Oberkörperdrehung, ergänzen das Aufwärmen und Verbessern die Beweglichkeit der Beine und der Wirbelsäule. Das dient der benötigten Flexibilität zum Überwinden der Hindernisse.
Sinnvoll sind außerdem präventive Übungen fürs Sprunggelenk, um das Risiko von Bänderverletzungen zu minimieren. Viele dieser Übungen können problemlos in den Alltag der Reiterinnen und Reiter integriert werden, etwa beim Zähneputzen, an der Bushaltestelle oder beim Aufräumen.
Das Ziel der Übungen ist stets, die Beweglichkeit und Stabilität des Sprunggelenks zu fördern. Gleichzeitig werden das Hüft-, Knie- und Sprunggelenk als funktionelle Einheit stabilisiert, um Überlastungen vorzubeugen. Hierfür eignen sich zum Beispiel Tiefe Kniebeugen und der Einbeinstand mit geschlossenen Augen. Übungen zur Kräftigung der Bein- und kurzen Fußmuskulatur, wie das Aufheben kleiner Gegenstände mit den Zehen oder das Zerreißen eines Papiertaschentuchs, stärken gezielt die Sprunggelenke und schützen die Außenbänder. Ergänzend dazu bieten sich Übungen zur Stabilisierung der Beinachse an, wie zum Beispiel das Gehen auf den Zehenspitzen und Balancieren auf einer Linie, um die Muskulatur gezielt zu kräftigen und zu aktivieren.
Obwohl es derzeit keine spezifischen Trainerlizenzen für Hobby Horsing gibt, wäre eine Schulung der Trainer in Erste-Hilfe-Maßnahmen ratsam, um bei Verletzungen schnell und fachgerecht reagieren zu könne.
Selbstgemacht: „dein“ eigenes Pferd
Die Grundausrüstung beim Hobby Horsing besteht aus einem robusten Steckenpferd, das als zentrales Sportgerät dient. Viele Hobby Horses werden aus Materialien wie Stoff und Wolle selbst gebastelt. Das „Pferd“ ist ein mit Füllwatte ausgestopfter Pferdekopf, der an einem stabilen Stock befestigt ist, sowie Zubehör wie Halfter und Trensen, die es realitätsnaher erscheinen lassen.
Da Hobby Horsing in verschiedenen Disziplinen wie Dressur und Springen betrieben wird, können die Anforderungen an die Ausrüstung je nach Wettbewerb variieren. Immer jedoch sollten die Steckenpferde weder Rollen am Stabende noch Griffe am Kopf haben, um das Risiko von Stürzen oder Stolpern zu minimieren. Die Stäbe sind auf eine Länge von etwa 30-40 cm begrenzt, um einen optimalen Sicherheitsabstand zum Boden zu gewährleisten. Ein Schweif am Hobby Horse ist beim Springen nicht empfehlenswert, kann jedoch in der Dressur verwendet werden.
Passende Kleidung für mehr Sicherheit
Um den Pferdesportcharakter zu betonen, tragen viele Hobby Horser bei Wettbewerben passende Reitkleidung wie Reithandschuhe und Stiefeletten. Grundsätzlich sollten alle Reiterinnen und Reiter stets festes Schuhwerk und eng anliegende Sportkleidung tragen, um nicht an Hindernissen hängen zu bleiben. Schmuck wie Ketten und Armbänder sollte abgelegt werden. Lange Haare werden zusammengebunden, um maximale Sicherheit und Bewegungsfreiheit zu gewährleisten.
Hindernisse und Trainingsfläche
Die Hindernisse bestehen aus leichtem Material wie PVC oder Holz, damit sie bei Berührung umfallen und so Verletzungen vermeiden. Die Höhe und der Aufbau des Parcours werden flexibel dem Alter und dem Können der Teilnehmenden angepasst. Für Anfänger und Anfängerinnen liegen die Hindernisse meist bei einer Höhe von 20 bis 40 Zentimetern, während Fortgeschrittene 60–80 cm überwinden können; bei Wettbewerben sind auch Höhen über einem Meter möglich. Die Breite beträgt in der Regel etwa ein bis anderthalb Meter. Um Sicherheit und Abwechslung zu gewährleisten, bestehen Parcours oft aus Einzel- und Kombinationssprüngen, die meist in einem Abstand von zwei bis drei Metern angeordnet sind und individuell angepasst werden.
Neben den Hindernissen selbst ist auch die Gestaltung der Trainingsfläche entscheidend. Die Abgrenzungen des Platzes sollten gut sichtbar und frei von Verletzungsgefahren sein. Ideal ist eine Trainingsfläche mit federndem Boden wie etwa Sand, oder eine Turnhalle mit gepolstertem Untergrund, um Stürze abzufangen und die Sicherheit der Teilnehmenden zu erhöhen.
Hobby Horsing als Vereinssport
Um Hobby Horsing erfolgreich im Verein zu etablieren, sind einige grundlegende Voraussetzungen zu beachten, die sowohl die Infrastruktur als auch das Vereinsangebot betreffen. Zunächst sollte eine geeignete Trainingsfläche vorhanden sein, die ausreichend Platz für Parcours und Bewegungsfreiheit bietet. Ein federnder Untergrund, wie Sand oder eine gepolsterte Hallenfläche, ist ideal, um das Verletzungsrisiko zu minimieren und ein angenehmes Trainingserlebnis zu gewährleisten. Zudem sollte der Verein in stabile, aber leichte Hindernisse aus Materialien wie PVC oder Holz investieren, die bei Berührung leicht umfallen und so die Sicherheit der Teilnehmenden erhöhen.
Vereine sollten außerdem eine einfache Hobby Horsing Grundausstattung bereitstellen, um den Einstieg für Neulinge zu erleichtern. Eine Auswahl an Steckenpferden (Hobby Horses) in unterschiedlichen Größen ist dabei entscheidend, um den individuellen Bedürfnissen der Teilnehmenden gerecht zu werden. Für Kinder und Anfänger empfiehlt sich eine kleinere Größe mit einer Stocklänge von etwa 70 bis 80 cm, die leicht zu handhaben ist. Für größere Kinder und Jugendliche ist eine Stocklänge von etwa 90 bis 100 cm ideal, da diese Größe ein realistisches Reitgefühl vermittelt, ohne die Bewegungsfreiheit einzuschränken. Ergänzend sollten einige Helme für die Sicherheit sowie Handschuhe für einen besseren Halt angeboten werden.
Ein „Spaßturnier “ bietet sich als idealer Einstieg an, um das Interesse der Mitglieder zu wecken. Dieses Event dient als unverbindliche Möglichkeit zum Kennenlernen und ermöglicht es Interessierten, erste Erfahrungen mit dem Sport zu sammeln. Das Turnier kann niedrigschwellig gestaltet werden, indem die Hindernisse auf Anfängerhöhen von 20 bis 40 cm eingestellt werden. Zudem können verschiedene Kategorien angeboten werden – von einfachen Parcours für Neueinsteiger bis hin zu anspruchsvolleren Kombinationen für sportlich Ambitionierte.
Durch solche Aktionen können Vereinsmitglieder und Interessierte den Sport unkompliziert ausprobieren und eine Gemeinschaft rund um das Hobby Horsing aufbauen. Einsteigerfreundliche Workshops und regelmäßige Trainingsangebote sorgen zudem für eine nachhaltige Integration, sodass Hobby Horsing langfristig Teil des Vereinsangebots wird.
Auch beim Hobby-Horsing steht die ARAG Sportversicherung auf Ihrer Seite. Der Verein als Veranstalter, der Vorstand sowie die Trainerinnen, Trainer und Helfende sind versichert. Die teilnehmenden oder zuschauenden Vereinsmitglieder haben ebenfalls den vollen Versicherungsschutz der Sportversicherung. Aktiv teilnehmende Nichtmitglieder können durch die Nichtmitgliederversicherung abgesichert werden. Ihr Versicherungsbüro berät Sie gerne.
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