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27.09.2021

Dauerhafte Beschallung ist unangenehm und macht möglicherweise krank. Daher ist es besonders ärgerlich, wenn der Lärm nicht einmal vor dem eigenen Zuhause halt macht. ARAG Rechtsexperte Tobias Klingelhöfer beantwortet wichtige Fragen zum Thema Lärm im Mietshaus und sagt, was an Krach zumutbar ist und wie man reagieren kann.

Was tun bei lärmenden Nachbarn?

Wer in einem Mehrfamilienhaus wohnt, muss grundsätzlich damit rechnen, dass Geräusche aus der angrenzenden Wohnung dringen. Ärgerlich kann es allerdings werden, wenn der Geräuschpegel ein Ausmaß annimmt, das nicht mehr hinnehmbar ist. Ein beliebtes Mittel ist es dann, mit dem Besenstiel gegen die Decke zu klopfen oder mittels Werkzeug die Heizungsrohre zu bearbeiten.

Rechtlich einwandfrei ist das laut ARAG Experten allerdings nicht: Dem Betroffenen einer Lärmstörung steht kein Recht auf eine eigene Lärmstörung zu. Verbotener Eigenmacht dürfe nicht mit verbotener Eigenmacht begegnet werden, fanden darum auch die Richter in einem beispielhaften Fall (AG Hamburg, Az.: 47 C 1789/95).

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Welche Regeln herrschen in Mehrfamilienhäusern?

Tobias Klingelhöfer
Generell sollte für ein gepflegtes Miteinander gerade in Mehrfamilienhäusern darauf geachtet werden, dass zwischen 22 Uhr und 6 oder 7 Uhr sowie mittags zwischen 13 und 15 Uhr Zimmerlautstärke herrscht. Das bedeutet, dass Geräusche außerhalb der Wohnung nicht mehr wahrnehmbar sein sollten. Diese Lautstärke kann demnach je nach Wohnsituation, Bodenbelag oder Dämmung individuell variieren, ist aber trotzdem gut einschätzbar. Zudem dürfen Geräte wie Rasenmäher oder Heckenscheren an Sonn- und Feiertagen gar nicht und an den restlichen – je nach Gerätetyp – nur von 7 bis 20 Uhr in Betrieb genommen werden.

Muss man Hunden beibringen, nur werktags zwischen 7 und 22 Uhr zu bellen?

Tobias Klingelhöfer
Das wäre ratsam. Zum Beispiel urteilte das Landgericht Mainz (Az.: 6 S 87/94), dass ein Hundehalter sicherzustellen hat, dass die Nachbarn zwischen 22 Uhr abends und sieben Uhr morgens sowie zwischen 13 und 15 Uhr nicht durch übermäßiges Hundegebell gestört werden. Die Frage, wie Hundehalter ihren vierbeinigen Lieblingen die Uhr beibringen, ließen die Richter allerdings offen. Aber im Ernst: Dauerkläffer in der Nachbarwohnung sind unter Umständen eine solche Belastung, dass die Amtsgerichte Rheine (Az.: 14 C 731/97), Hamburg (Az.: 49 C 165/05) und Potsdam (Az.: 26 C 76/00) unisono entschieden haben, in besonders schlimmen Fällen sei sogar eine Mietminderung wegen Hundegebell aus der Nachbarwohnung vertretbar. Aber auch die Vermieter sind den Unruhestiftern nicht schutzlos ausgeliefert. Ist der Hundehalter uneinsichtig oder gelingt es ihm nicht, seinem Vierbeiner Manieren beizubringen, hat der Vermieter die Möglichkeit, den Kläffer samt Herrchen kurzfristig vor die Tür zu setzen.

Wie laut dürfen Vögel singen?

Tobias Klingelhöfer
Papageien beispielsweise können mit einer Pfeif-Lautstärke von 100 Dezibel (db) fast genauso viel einen Lärm machen wie ein Presslufthammer (110 db) oder ein Düsenflugzeug (130 db). Im konkreten Fall war der Stein des Anstoßes ein 19 Jahre alter Graupapagei, der seit 18 Jahren in einer reinen Wohngegend gehalten wurde. Jedes Mal, wenn sein Frauchen die Wohnung verließ, stimmte das Tier ein schrilles Pfeifkonzert an, teilweise über einen Zeitraum von zwei Stunden. Die Nachbarin bekam regelmäßig Kopfschmerzen von dem unangenehmen Vogelgesang und klagte. Die Richter attestierten dem gefiederten Schreihals einen Verstoß gegen das nordrhein-westfälische Immissionsschutzgesetz (LImSchG NRW) und fällten das Urteil: Der Papagei muss, jedenfalls in dieser Wohnung, den Schnabel halten. Entweder Frauchen nimmt ihn mit oder er muss mitsamt seinem Vogelkäfig ganz umziehen (OLG Düsseldorf, 5 Ss (OWi) 476/89 - (OWi) 198/89 I).).

Was ist mit Klavier, Geige und Co?

Tobias Klingelhöfer
Die verschiedenen Musikinstrumente haben unterschiedliche Lärmpegel! Das findet in der Rechtsprechung seinen Niederschlag, besonders in den zugestandenen Übungszeiten. So musste ein jugendlicher Schlagzeuger – dessen Schlagzeug die Zimmerlautstärke deutlich überschritt – seine Übungspraktiken ändern, als ein Physiotherapeut neu ins Haus einzog. Der neue Nachbar setzte gerichtlich durch, dass er künftig nur noch 30 Minuten täglich und nur noch von montags bis samstags zwischen 16.00 und 19.00 Uhr üben durfte (LG München I, Az. 15 S 76/29/13). Auch bei Klavierspielern urteilten die Gerichte unterschiedlich. Das Bayerische Oberste Landesgericht erklärte drei Stunden Übungszeit am Tag für angemessen (Az. 2 ZBR 55/95), während das Oberlandesgericht Frankfurt zwei zusammen wohnende Klavierspieler zwang, sich eine tägliche Übungszeit von zwei Stunden zu teilen (Az. 20 W190/84). Die Richter am Landgericht Frankfurt/Oder hingegen billigten wiederum einer Musikerin drei Stunden Klavierspiel pro Tag zu, an Feiertagen sogar fünf Stunden (Az. 2/25 O 359/89).

Auch der Bundesgerichtshof hat geurteilt: Wer ein Instrument erlernt, muss auch üben dürfen. Daher darf das Musizieren im Mietvertrag nicht gänzlich verboten werden. Zulässig sind aber tägliche Obergrenzen. Hier hat der Bundesgerichtshof als Richtwert zwei bis drei Stunden an Werktagen und ein bis zwei Stunden an Sonn- und Feiertagen – außerhalb der Mittags- und Nachtruhe – genannt (Az.: V ZR 143/17).

Für Bands und deren Übungsräume gilt nichts anderes als für Hausmusik: Letztlich dürfen die Proben zu keiner Belästigung der Nachbarn führen, so dass auch hier zwei bis drei Stunden pro Tag – natürlich abhängig von der Lautstärke – sicherlich vertretbar sind, mehr aber in der Regel auch nicht.

Und wenn Haushaltsgeräte Krach machen?

Tobias Klingelhöfer
Geräusche von Haushaltsgeräten, wie Staubsauger oder Wasch- und Spülmaschinen, die ein Mitmieter „unter Berücksichtigung der gebotenen Rücksichtnahme“ nutzt, stellen keinen Mietmangel dar und müssen von den Nachbarn hingenommen werden (AG Mönchengladbach-Rheydt, Az.: 20 C 363/93). „Unter Berücksichtigung der gebotenen Rücksichtnahme“ heißt in diesem Fall klar, vor 22 Uhr. Danach gelten wiederum andere Regeln.

Hat man eigentlich ab und zu ein Recht auf eine ausgelassene Party?

Tobias Klingelhöfer
Partys dürfen theoretisch so oft gefeiert werden wie gewünscht, jedoch unter Einhaltung der Zimmerlautstärke ab 22 Uhr. Das bedeutet Stereoanlage leiser drehen, Stimmen dämpfen und am besten Fenster schließen. Möchte man einmal über die Stränge schlagen, sollten die Nachbarn dieser Feier zustimmen oder direkt mitfeiern.

Eine Art Ausnahme von dieser Regel gibt es natürlich auch, selbst wenn sie gesetzlich nicht fixiert ist: Silvester. In dieser Nacht wird davon ausgegangen, dass nahezu jeder noch nach 22 Uhr wach ist.

Bei einer Fußball-EM oder -WM bedeutet dies, dass die Gartenparty eigentlich auch um 22 Uhr enden muss. Das bekamen auch Fußballfans in Berlin bei der Weltmeisterschaft 2014 zu spüren, die jedes Spiel der deutschen Nationalelf auf Balkon und Terrasse lautstark begleiteten. Um das Fußball-Gegröle nach 22.00 Uhr zu verhindern, erwirkte eine Nachbarin per Einstweiliger Verfügung im Eilverfahren die Vorgabe, dass die Ruhestörer künftig mit Beginn der Nachtruhe nur noch bei geschlossenen Fenstern und Terrassentüren die Spiele verfolgen durften. Bei Zuwiderhandlungen drohte das Amtsgericht Neukölln ein Ordnungsgeld von 250.000 Euro oder Ordnungshaft an (AG Neukölln, Az.: 17 C 1004/14).


Was ist, wenn Nachbarn das Duschen am Abend oder die nächtliche Toilettenspülung stört?

Tobias Klingelhöfer
Das sind Geräuschquellen, die Nachbarn regelmäßig aneinander geraten lassen. Wer sich von so etwas belästigt fühlt, sollte sich aber ein dickeres Fell zulegen. Denn diese Art von Lärm gehört zum Leben dazu und ist hinzunehmen. Wenn sich eine Mietpartei jedoch arg dadurch gestört fühlt, sollte sie den Kontakt zum Vermieter suchen. Gegebenenfalls lässt sich am Schallschutz etwas ändern. Ebenso verhält es sich bei sehr lauten Gehgeräuschen. Erst wenn die Trittschallwerte aus der DIN-Norm 4109 überschritten werden, kann gegen Stampfen aus der Nachbarwohnung vorgegangen werden. Oder, wenn es wirklich unverhältnismäßig ist: So gaben Hamburger Richter einer Dame Recht, die sich durch ihre High-Heels tragende Nachbarin gestört fühlte (LG Hamburg, Az.: 316 S 14/09). Es sei zumutbar, solche Schuhe an der Wohnungstür auszuziehen, da weder Fliesen noch Laminat deren Tritte ausreichend dämpften.

Wenn die Nachbarn laut sind und bleiben, hilft also nur eine Mietminderung?

Tobias Klingelhöfer
Im Sinne des häuslichen Friedens ist es sicherlich angebracht, den Unruhestifter zunächst freundlich auf sein Fehlverhalten hinzuweisen, bevor rechtliche Mittel zum Zuge kommen. Tritt jedoch keine Besserung ein, ist es möglich, die Miete zu mindern. Ich rate jedoch davon ab, dies ohne vorherige Rechtsberatung zu tun. Denn nur Fachleute können beurteilen, ob überhaupt und in welcher Höhe Geld einbehalten werden kann. Voraussetzung zur Mietminderung ist zudem ein Lärmprotokoll. Dies sollte über einen Zeitraum von mindestens vier Wochen geführt sein, bevor die Miete gemindert wird und vor allem auch in Zeiten der Minderung weitergeführt werden. Nur so ist die weiterhin stattfindende Belästigung auch nachweisbar und die Kürzung rechtens.

Das passende Gerichtsurteil

 

Kinder dürfen musizieren

Grundstückseigentümer müssen es hinnehmen, wenn Nachbarskinder Musikinstrumente spielen. In einem konkreten Fall handelt es sich gleich um vier musizierende Kinder, die seit Jahren regelmäßig Musikinstrumente (Schlagzeug, Tenorhorn und Saxofon) spielen. Das wurde dem Nachbars-Ehepaar, das sich dadurch in der Nutzung seines Grundstückes beeinträchtigt fühlte, zu viel.

Ihre Messungen ergaben zudem regelmäßig Werte von deutlich über 55 Dezibel (dB) – also der Grenze zur Lärmbelästigung, teilweise sogar bis zu 70 dB. Zudem warfen sie dem musikalischen Nachwuchs vor, auch während der vorgeschriebenen Ruhezeiten regelmäßig zu musizieren. Gegen diesen Vorwurf wehrten sich die Eltern der Kinder, die darauf achteten, dass die Türen und Fenster während des Musizierens stets geschlossen seien. Zudem würde während der Nachtruhe nicht musiziert.

Vor Gericht hatten die genervten Nachbarn keinen Erfolg, da sie Ihre Vorwürfe nicht nachweisen konnten. Die Auswertung der Lärmprotokolle zeigte, dass in den Mittagsstunden in aller Regel Ruhe herrschte.

Das Gericht wies zudem darauf hin, das Musizieren zu einer gesunden Entwicklung von Kindern gehöre. Und diese gesunde Entwicklung ist durch Artikel 6 des Grundgesetzes sogar gesetzlich festgeschrieben und daher vorrangig gegenüber den Interessen des lärmempfindlichen Nachbarn (AG München, Az.: 171 C 14312/16).

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