
Ruhestörung - was das Mietrecht wirklich vorsieht
Ist Lärmbelästigung durch eine Party gleich ein Kündigungsgrund? ✓ Was das Mietrecht zu Ruhestörung sagt ✓ Einfach erklärt
05.07.2021 • 4 min Lesezeit
Auch wenn wir jetzt Spaßbremsen sind: Einfach so die Stereoanlage voll aufdrehen, dass darf man leider nicht. Außer es ist keiner in der Nähe, den es stört oder der sich beschwert.
Der Normalfall ist: Laute Mucke aus der Stereoanlage ist unbeliebt bei Wohnungsnachbarn, Anwohnern und Vermietern – und gehört in die Kategorie Ruhestörung. In Deutschland gibt es kein Recht auf Lärm.
So findet sich keine einzige Rechtsvorschrift, die beispielsweise laute Feiern oder Musik hören auch nur ausnahmsweise erlaubt. Wir können nur raten: Sprechen Sie rechtzeitig mit den Nachbarn und bitten um Verständnis, ab und zu länger und lauter feiern zu dürfen. Wenn das nicht hilft, raten wir Ihnen zur Mediation.
Das sind die Regeln, die Sie besser beachten sollten: In Mehrfamilienhäusern (und auch anderswo) soll zwischen 22 Uhr und 6 Uhr sowie – je nach Hausordnung – mittags zwischen 13 und 15 Uhr Zimmerlautstärke herrschen. Das bedeutet, dass Geräusche außerhalb der Wohnung innerhalb dieser Ruhezeiten nicht mehr wahrnehmbar sind. Diese Lautstärke kann je nach Wohnsituation, Bodenbelag oder Dämmung noch individuell variieren. Bei Musik aus der Stereoanlage sind die Gerichte sehr streng. So wurde es bereits für unzulässig gehalten, wenn beim Nachbarn noch ein Geräuschpegel von etwa 35 dB(A) zu hören ist – das ist leiser als ein Gespräch in normaler Lautstärke.
Achtung: Auch außerhalb der Ruhezeiten darf eine Stereoanlage nicht so weit aufgedreht werden, dass der Nachbar dadurch gestört wird. Das gilt natürlich auch für andere Lärmquellen, wie etwa das laufende TV-Gerät. Für den sogenannten Nachbarschaftslärm – Musik, streitende Paare, bellende Hunde – gibt es, anders als für andere Lärmarten, allerdings keine gesetzlich geregelten Grenzwerte.
Wenn die Polizei klingelt...
Wird’s zu laut, kommt eventuell die Polizei. Die Beamten ermahnen, manchmal auch mehrfach, dokumentieren eventuell den Lärm per Lautstärkemessgerät, kassieren im Wiederholungsfall möglicherweise die Anlage ein und schicken sogar Partygäste nach Hause. Meist startet es mit einer Verwarnung, im wiederholten Fall kommt es dann zum Bußgeld. Für eine nächtliche Ruhestörung müssen Sie mit einem Bußgeld wegen Lärmbelästigung im niedrigen dreistelligen Bereich rechnen. Laut Ordnungswidrigkeitengesetz liegt die Obergrenze allerdings bei 5.000 Euro.
Dabei dürfen die Beamten wegen einer bloßen Ruhestörung die Wohnung nicht einfach betreten. Sie sind verpflichtet, Verhältnismäßigkeit zu wahren. Das heißt, sie müssen zunächst das Gespräch mit dem Veranstalter der Party suchen. Und zwar an der Haustür. Selbst, wenn ein Gast die Beamten hereinlässt, kann der Gastgeber sie bitten, die Wohnung wieder zu verlassen.
Übrigens: Besteht der Verdacht auf eine Straftat wie z. B. durch illegale Drogen auf der Party, darf sich die Polizei sofort Zugang zur Wohnung beschaffen.
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Stimmt das: Eine Party pro Jahr ist erlaubt?
Das Gerücht hält sich hartnäckig: Einmal im Jahr darf jeder eine Party feiern. Und zwar ohne Einschränkungen. Doch das ist Quatsch! Es gibt kein Recht auf Ruhestörung. Sie dürfen zwar theoretisch so oft Partys feiern wie Sie wollen, jedoch unter Einhaltung der Zimmerlautstärke ab 22 Uhr. Das bedeutet: Stereoanlage leiser drehen, Stimmen dämpfen und am besten Fenster schließen.
Möchten Sie einmal über die Stränge schlagen, sollten die Nachbarn dieser Feier zustimmen oder direkt mitfeiern. Sonst kann es sein, dass das Ordnungsamt vor der Tür steht. Denn das Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) besagt in Paragraph 117: „Ordnungswidrig handelt, wer ohne berechtigten Anlass oder in einem unzulässigen oder nach den Umständen vermeidbaren Ausmaß Lärm erregt, der geeignet ist, die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft erheblich zu belästigen oder die Gesundheit eines anderen zu schädigen“.
Eine Art Ausnahme von dieser Regel gibt es natürlich auch: Es gibt Tage, an denen auch mal laut(er) gefeiert werden darf. So zum Beispiel an Silvester: In dieser Nacht wird davon ausgegangen, dass nahezu jeder noch nach 22 Uhr wach ist. Auch wenn beispielsweise Fußball-WM-Spiele erst sehr spät übertragen werden, drückt das Ordnungsamt oft ein Auge zu. Allerdings sollte die ausgelassene Party eine halbe Stunde nach Spielende vorbei sein.

Wenn Partygäste auf dem Balkon rauchen...
Es bleibt Ihnen bei Feiern in Ihrer Wohnung natürlich selbst überlassen, ob Sie Ihre rauchenden Gäste auf den Balkon bitten. Wenn die Balkon-Raucher überhand nehmen, können unter Umständen die Nachbarn vom aufsteigenden Qualm gestört werden. Das sollten Sie genauso vermeiden wie zu laute Musik auf dem Balkon.
Achten Sie außerdem darauf, dass Ihre Gäste auf dem Balkon die bereitgestellten Aschenbecher benutzen. Denn ein Berg Kippen im Gemeinschaftsgarten unter Ihrem Balkon kann ganz bestimmt für nachbarschaftlichen Ärger sorgen. Auch wenn reichlich blauer Dunst von Ihrer Wohnung ins Treppenhaus dringt, kann das zu berechtigten Beschwerden der Nachbarn führen.
Erlaubte Geräusche nach 22 Uhr
Manche Häuser sind hellhöriger als andere. Das verpflichtet die Bewohner aber nicht, sich auf leisen Sohlen zu bewegen, um bloß nicht als Ruhestörer wahrgenommen zu werden. Wer am Abend vom Sport oder der Arbeit nach Hause kommt, darf duschen oder baden, selbst wenn es mitten in der Nacht ist. Auf ausufernde Badbenutzung ist dabei jedoch zu verzichten. Das gilt auch für die nächtliche Waschmaschine oder den Staubsauger. Als rücksichtslos stuft die Rechtsprechung auch sich wiederholende lautstarke Auseinandersetzung ein. Wenn sich Nachbarn beschweren, kann das für die Lärmverursacher vor Gericht und mit einer Geldstrafe enden.
Laute Kinder – leise Kinder
Kinderlärm ist im Regelfall „keine schädliche Umwelteinwirkung“, so das Bundesemissionsgesetz. Das gilt auch für benachbarte Kindertagesstätten. Wer tagsüber zuhause ist und sich am durch Kinder verursachten Lärm stört, sollte sich daher besser für ein anderes Wohnumfeld entscheiden.
Ruhestörung durch Laubbläser und Rasenmäher
Gartenarbeiten verursachen Lärm. Anwohner müssen die damit verbundenen Geräusche unter Einhaltung der Ruhezeiten akzeptieren. Für einen Rechtsstreit sorgte hier bereits die Nutzung eines Mähroboters, der über Stunden einen Rasen mähte. Das Gericht urteilte, dass die Anwohner das dulden müssen (Amtsgericht Siegburg, Az.: 118 C 97/13). Bei Laubbläsern ist der Gesetzgeber weniger tolerant, da diese Geräte oft einen erheblichen Lärm verursachen. Hier gibt es klare zeitliche Grenzen.
Auch dürfen die Städte selbst engere Vorgaben machen. München hat sich aufgrund dessen entscheiden, die Verwendung von Laubbläsern von montags bis samstags nur von 15 bis 17 Uhr zu erlauben. Allerdings können Kommunen auch Ausnahmegenehmigungen erteilen.
Störung der Ruhe durch Lichteinflüsse
Auch die Belastung durch Lichtimmissionen werden im Bundesimmissionsschutzgesetz geregelt. Denn Licht kann nicht nur eine schädliche Umwelteinwirkung sein, sondern auch eine Belästigung für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft. Belästigung durch Licht muss daher – genau wie Ruhestörung – entsprechend dem Stand der Technik vermieden werden. Dazu gehören auch angestrahlte Flächen und Lichtquellen auf dem eigenen Grundstück. Als besonders schützenswert gilt das Schlafzimmer, das Wohnzimmer, die Terrasse und der Balkon. Die höchstens zulässigen Werte hat die Deutsche Lichttechnische Gesellschaft e.V. festgelegt. Sie sind gemeinhin anerkannt. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Nachbar dem Lichteinfluss durch Herablassen der Rollläden entgehen könnte. Das gilt selbst dann, wenn der Verursacher die Lampe zur Einbruchsabwehr angebracht hat.
Unzulässiger Lärm: Ordnungswidrig handelt, wer ohne berechtigten Anlass oder in einem unzulässigen oder nach den Umständen vermeidbaren Ausmaß Lärm erregt, der geeignet ist, die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft erheblich zu belästigen oder die Gesundheit eines anderen zu schädigen (§ 117 Abs. 1 OWiG).
Wer wann wie laut sein darf, klären auch folgende Gesetze
- Bundesimmissionsschutzgesetz und Durchführungsverordnungen
- Landesimmissionsschutzgesetze
- Kommunale Verordnungen bezüglich Ruhestörung
Babys und Kinder
An die gesetzlich geregelte Nachtruhe von 22 bis 6 Uhr sollten sich auch Kinder halten. Mit einer Ausnahme: Babys dürfen schreien, auch wenn’s den Nachbar stört. Tendenziell sind die Gerichte familienfreundlich eingestellt. Viele Urteile erlauben den Kindern das Toben und Spielen in Wohngebieten, teilweise sogar während der Mittagsruhe.
Lärm spielender Kinder ist keine immissionsschutzrechtlich relevante Störung und kein Grund, eine Kita in einem Wohngebiet abzulehnen (VGH Baden-Württemberg, Az.: 8 S 1813/13).
Musiker
Wer ein Instrument erlernt, muss auch üben dürfen. Daher darf das Musizieren im Mietvertrag nicht gänzlich verboten werden. Zulässig sind aber tägliche Obergrenzen. Hier hat der Bundesgerichtshof als Richtwert zwei bis drei Stunden an Werktagen und ein bis zwei Stunden an Sonn- und Feiertagen – außerhalb der Mittags- und Nachtruhe – genannt (Az.: V ZR 143/17).
Für Bands und deren Übungsräume gilt nichts anderes als für Hausmusik: Letztlich dürfen die Proben zu keiner Belästigung der Nachbarn führen, so dass auch hier zwei bis drei Stunden pro Tag – natürlich abhängig von der Lautstärke – sicherlich vertretbar sind, mehr aber in der Regel auch nicht.
Hunde
Hundegebell beurteilen die Gerichte unterschiedlich, aber an folgenden Regeln kann man sich orientieren. Man muss kein Gebell länger als 30 Minuten täglich und nicht länger als zehn Minuten am Stück tolerieren. Und während der Ruhezeiten (13.00 bis 15.00 Uhr und 19.00 bis 8.00 Uhr) müssen Hunde im Freien überhaupt das Bellen einstellen. Andernfalls müssen sie ins Haus (OLG Hamm, Az.: 22 U 265/87).
Papagei
Zwei Stunden Pfeifkonzert, weil Frauchen die Wohnung verlassen hat, darf nicht sein. Der Papagei muss, jedenfalls in dieser Wohnung, den Schnabel halten. Entweder Frauchen nimmt ihn mit oder er muss mitsamt seinem Vogelkäfig ganz umziehen (OLG Düsseldorf, Az.: 5 Ss (OWi) 476/89 – (OWi) 198/99).
Im Garten
Gartentätigkeiten können stören, müssen aber geduldet werden, solange die Grenzwerte eingehalten werden. Das traf einen Anwohner, dessen Nachbar seinen Rasen von einem Rasenroboter mähen ließ – und zwar den ganzen Tag lang. Daher wollte er den Gärtner gerichtlich verpflichten, den Rasenroboter maximal fünf Stunden am Tag laufen zu lassen. Doch das Amtsgericht Siegburg wehrte dies ab.
Schließlich ließ der Mann seinen Roboter unter Wahrung der Ruhezeit von 13.00 bis 15.00 Uhr „nur“ von 7.00 bis 20.00 Uhr laufen. Außerdem musste das Gerät nach jedem einstündigen Einsatz wieder für eine Stunde an seine Ladestation, um den Akku aufzuladen. Und zu guter Letzt blieb der Rasenroboter unter 50 Dezibel (Amtsgericht Siegburg, Az. 118 C 97/13).
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