
Winterreifen: Was Sie jetzt wissen sollten
31.01.2023
Von „O“ bis „O“ (Oktober bis Ostern) herrscht einem ungeschriebenen Gesetz zufolge Winterreifenzeit. Lesen Sie, warum sich Autofahrer an diesem Zeitraum orientieren sollten, wie die EU-Kennzeichnung beim Kauf neuer Reifen helfen kann und was bei der Fahrt in den Urlaub zu beachten ist.
Wer neue Auto-, Bus- und Lkw-Reifen anschafft, kann sich seit Mai 2021 an einem neuen EU-Reifenlabel orientieren. Es sieht aus wie das bekannte Energie-Label an Haushaltsgeräten. Damit lassen sich die Kraftstoff-Effizienz, die Nasshaftung und das Rollgeräusch ablesen und besser vergleichen. Seit 2012 muss jeder neue Reifen ein solches Label haben, das Auskunft über das Reifenverhalten gibt.
Der wichtigste Wert hinsichtlich der Verkehrssicherheit ist die Nasshaftung. Hier kann die Differenz im Bremsweg zwischen gutem A- und schlechterem F-Reifen bei mehreren Metern liegen. Bei einer Vollbremsung kann dies den Unterschied zwischen einem großen Schrecken und einem Totalschaden ausmachen. Dies sollte natürlich gerade auch beim Neuerwerb von Winterreifen beachtet werden – das Fahrverhalten auf Schnee und Eis ist aber nicht explizit gekennzeichnet. Daher ist es beim Winterreifenkauf zusätzlich ratsam, auch auf unabhängige Testberichte zurückzugreifen.
Seit 2010 ist eine sogenannte „situative Winterreifenpflicht“ in § 2 Abs. 3a der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) verankert. Das bedeutet: Bei Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eis- oder Reifglätte darf das Fahrzeug nur gefahren werden, wenn es mit geeigneten Reifen ausgerüstet ist. Als wintertauglich gelten dabei laut Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) grundsätzlich nur noch solche Reifen, die das Alpine-Symbol, ein Bergpiktogramm mit Schneeflocke, aufweisen.
Sogenannte M+S-Reifen dürfen nach einer Übergangsregelung noch bis zum 30. September 2024 gefahren werden, sofern sie bis zum 31. Dezember 2017 hergestellt wurden.
Wer als Fahrer gegen § 2 Abs. 3a StVO verstößt, muss mit einem Bußgeld von bis zu 80 Euro und einem Punkt in Flensburg rechnen.
Auch der Halter des Wagens wird mit 75 Euro zur Kasse gebeten; er bekommt ebenfalls einen Punkt im Fahreignungsregister.
Einen festen Zeitraum, in dem eine „Winterreifenpflicht“ gilt, hat der Gesetzgeber bewusst nicht festgelegt. ARAG Experten empfehlen dennoch allen Autofahrern, frühzeitig im Herbst an die angemessene Bereifung zu denken. Bei tieferen Temperaturen härtet die Gummimischung von Sommerreifen nämlich aus und kann immer weniger Grip aufbauen. Hersteller empfehlen den Wechsel auf Winterreifen daher schon, wenn die Außentemperaturen auf unter sieben Grad Celsius sinken.
Die sogenannte O-bis-O-Regel bringt es hierfür jährlich auf den Punkt. Die Winterreifen sollte man am besten von Oktober bis Ostern anlegen. Denn in einigen Regionen kann es auf den Straßen bereits früh zu frostigen Situationen kommen. Kommt es aufgrund falscher Bereifung zu einem Unfall, riskiert man unter Umständen den Versicherungsschutz.
Wer geschickt ist und lieber selber Hand anlegt, kann die Winterreifen auch zu Hause wechseln. Dabei sollte das Auto zunächst auf einer ebenen Fläche ohne Gefälle abgestellt und die Handbremse angezogen werden, bevor der Wagenheber angesetzt wird. Die ARAG Experten raten, Radschrauben und Radmuttern auf Schäden zu prüfen und alle Teile sowie die Felge mit einer Drahtbüste vom Rost zu befreien. Sobald der Winterreifen in Drehrichtung angebracht ist und die Radschrauben festgezogen sind, muss der Luftdruck gecheckt werden: Er sollte bei Winterreifen 0,2 Bar höher als bei Sommerreifen sein. Sobald das Auto vom Wagenheber genommen wurde und wieder fest auf der Straße steht, müssen die Radschrauben über Kreuz ein letztes Mal nachgezogen werden.
Wichtig!
Wer ein Hybrid- oder Elektrofahrzeug fährt, sollte nach Auskunft der ARAG Experten auf keinen Fall die Reifen selber wechseln, denn hier ist lebensgefährliche Hochspannung im Spiel! Der Reifenwechsel darf nur von einer qualifizierten Werkstatt durchgeführt werden, die eine sogenannte Hochvolt-Qualifizierung vorweisen kann. Dazu gehört nicht nur elektrotechnisch unterwiesenes Personal, sondern eine spezielle Ausstattung. Da nur rund 60 Prozent der Werkstätten den Hochvoltschein haben, muss man unter Umständen auf seine Lieblingswerkstatt verzichten.
Wer mit dem Auto in den Herbst- oder Winterurlaub fahren möchte, sollte darauf achten, dass auch in einigen europäischen Ländern eine Winterreifenpflicht gilt.
Finnland
Hier muss vom 1. Dezember bis 28. Februar mit Winterreifen gefahren werden; wenn es die Straßen- oder Witterungsbedingungen erfordern, sind auch länger Winterreifen notwendig. Die Mindestprofiltiefe beträgt drei Millimeter. Auch Anhänger über 0,75 Tonnen, Motorräder, dreirädrige Fahrzeuge oder Vierradfahrzeuge müssen Winterpneus tragen. Laut ARAG Experten gilt die Winterreifenpflicht auch für Fahrzeuge aus dem Ausland.
Frankreich
Bis 2024 gilt in Frankreich eine Übergangsfrist, in der auch Reifen mit M+S-Kennzeichnung ohne Alpine-Symbol als Winterreifen gelten. Die Winterreifenpflicht gilt vom 1. November bis 31. März und nur in einigen Gebirgsregionen bei entsprechender Wetterlage. Betroffen sind laut ARAG Experten zurzeit fast 50 Departements in den Alpen, den Pyrenäen, im Zentralmassiv, im französischen Jura und in den Vogesen.
Alternativ zu Winterreifen können Schneeketten für mindestens zwei Antriebsräder im Kofferraum mitgeführt werden. Die Bereiche mit vorgeschriebener Winterausrüstung legen die Präfekturen jedes Jahr für den Zeitraum im Folgejahr fest. Entsprechende Straßenschilder markieren die Regionen. Die Regelung gilt für alle Fahrzeuge bis maximal neun Sitze, inklusive Fahrer, Transporter unter 3,5 Tonnen Gewicht sowie für Reisemobile.
Italien
Hier gibt es keine generelle Winterreifenpflicht. Je nach Witterung und Region kann es laut ARAG Experten allerdings für einen bestimmten Zeitraum eine Winterreifen- oder Schneekettenpflicht geben. Dann weisen entsprechende Verkehrszeichen darauf hin. Noch bis 15. April gibt es aber eine Ausnahme: Auf besonders gefährlichen Straßenabschnitten des Aosta-Tals müssen Winterreifen aufgezogen werden. Auch auf der Brennerautobahn in Südtirol müssen bis Mitte April Winterreifen montiert sein oder alternativ Schneeketten mitgeführt werden.
Norwegen
Bei unserem nördlichen Nachbarn herrscht ebenfalls keine Winterreifenpflicht, aber die Bereifung muss zum Wetter passen. Daher empfehlen die ARAG Experten Norwegen-Urlaubern, auf Winterreifen zu setzen. Für Fahrzeuge über 3,5 Tonnen herrscht von Mitte November bis Ende März Winterreifenpflicht. Schneeketten sind zwar im Winter erlaubt, aber nicht vorgeschrieben.
Österreich
Sind die Straßen mit Schnee oder Eis bedeckt, müssen Fahrzeuge in Österreich vom 1. November bis zum 15. April mit Winterreifen ausgestattet sein. Wer seine Sommerreifen nicht wechseln mag, muss Schneeketten aufziehen. Dies ist nur dort erlaubt, wo die Straßen permanent oder fast immer mit Schnee bedeckt sind. Und Achtung: Mit Schneeketten liegt die empfohlene Höchstgeschwindigkeit bei 40 Stundenkilometern (km/h). Fahrer, die bei winterlichen Verhältnissen mit Sommerreifen unterwegs sind, riskieren laut ARAG Experten nicht nur ein hohes Bußgeld, sondern es kann darüber hinaus sogar das Fahrzeug aus dem Verkehr gezogen werden.
Polen
Bei unserem östlichen Nachbarn sind Winterreifen zwar nicht gesetzlich vorgeschrieben, da der Winter hier aber extremer ausfallen kann als hierzulande, raten die ARAG Experten dringend zur Winter-Bereifung. Schneeketten können in einigen Gegenden sogar Pflicht sein; darauf wird durch eine entsprechende Beschilderung hingewiesen.
Schweden
In Schweden müssen zwischen dem 1. Dezember und 31. März Winterreifen mit einer Mindestprofiltiefe von drei Millimetern aufgezogen werden. Das gilt laut ARAG Experten auch für Anhänger.
Schweiz
Im Alpenstaat gibt es keine Winterreifenpflicht. Doch die ARAG Experten warnen: Wer bei winterlichen Straßenverhältnissen ohne Winterpneus einen Unfall verursacht, kann Probleme mit seiner Versicherung bekommen. Für einzelne Strecken kann auch eine vorübergehende Schneekettenpflicht angeordnet werden.
Im Winter bei Mietwagen auf die Bereifung achten
Viele Autovermieter statten nur einen Teil ihrer Flotte mit Winterreifen aus. Autofahrer sollten daher bereits bei der Buchung auf Winterreifen bestehen und bei Fahrtantritt auf die Bereifung achten.
Allerdings müssen sich die Nutzer dafür auf teilweise hohe Zusatzkosten gefasst machen, denn die Anbieter verlangen Winterreifen-Aufschläge in unterschiedlicher Höhe. Ein Preisvergleich kann sich durchaus lohnen.
Übrigens: Ist der Anbieter trotz winterlicher Verhältnisse bei Entgegennahme eines bestellten Leihwagens nicht in der Lage, ein Fahrzeug mit Winterreifen zur Verfügung zu stellen, ist der Mieter berechtigt, von der Reservierung zurückzutreten. Das Fahrzeug ist dann nämlich als nicht verkehrstauglich anzusehen.