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27.06.2023

Sie sind zwischen sechs und 20 Stundenkilometer schnell, kleiner als ein Tretroller und seit 2019 auch auf deutschen Straßen offiziell zugelassen. Sie stehen vielerorts zur Verfügung, buchstäblich aber auch oft im Weg. Die Rede ist von Elektrorollern oder E-Scootern. Die Befürworter preisen die Umweltfreundlichkeit der kleinen, praktischen Vehikel, die Gegner stellen nicht nur den ökologischen Vorteil in Frage, sondern weisen auf die Gefahren hin, die von Elektrorollern ausgehen. ARAG Experte Tobias Klingelhöfer beleuchtet beide Seiten. Außerdem haben die deutschen Versicherer eine erste Schadenbilanz gezogen.

Was muss man über E-Scooter wissen?

Tobias Klingelhöfer
Sie müssen bestimmte Normen erfüllen. So dürfen sie ein Gewicht von 55 Kilogramm ohne Fahrer nicht überschreiten. Sie dürfen außerdem höchstens 70 cm breit, 200 cm lang und mit Lenk- oder Haltestange bis zu 140 cm hoch sein. Die zugelassene Höchstgeschwindigkeit beträgt 20 Stundenkilometer.

Genau wie Fahrräder müssen E-Scooter zwei unabhängig voneinander wirkende Bremsen haben. Außerdem müssen die Steuerelemente für den Elektromotor sofort nach dem Loslassen in ihre Nullstellung zurückspringen. Sonst würde sich der Scooter bei einem ungewollten Absteigen ja selbstständig machen. Die Beleuchtung darf zwar abnehmbar sein, aber seitliche Reflektoren sind genauso Pflicht wie eine gut hörbare Klingel oder Glocke.

Wo dürfen E-Scooter fahren? Gehweg, Radweg, Fahrbahn?

Tobias Klingelhöfer
E-Scooter müssen als sogenannte Elektrokleinstfahrzeuge auf Radwegen und Radfahrstreifen unterwegs sein. Und zwar unabhängig davon, ob für Radfahrer eine Benutzungspflicht besteht. Gibt es keine Radverkehrsfläche, gehören die kleinen Flitzer auf die Fahrbahn. Die ursprüngliche Regelung, E-Scooter, die zwischen sechs und zwölf Stundenkilometer schnell sind, auf Gehwegen fahren zu lassen, wurde vom Bundesrat verworfen.

Braucht man einen Mofa-Führerschein?

Tobias Klingelhöfer
Nein, eine spezielle Fahrerlaubnis ist nicht erforderlich. Jugendliche ab 14 Jahren dürfen E-Scooter fahren. Vorgeschrieben ist aber eine Haftpflichtversicherung. Die wird hinten am Fahrzeug durch einen Versicherungsaufkleber mit fälschungssicherem Hologramm dokumentiert.

Was ist mit Alkohol?

Tobias Klingelhöfer
Das ist gar keine gute Idee! Anders als bei Fahrrädern oder auch E-Bikes gelten für E-Scooter die strengeren Promillegrenzen für Kraftfahrzeuge. Das heißt, für Fahranfänger gilt die 0,0 Promillegrenze, für alle anderen Fahrer ist mit 0,5 Promille Alkohol im Blut Schluss. Ansonsten drohen Bußgeld und Fahrverbot. Wer Ausfallerscheinungen zeigt oder einen Unfall verursacht, macht sich sogar schon ab 0,3 Promille strafbar.

Mit welchen Bußgeldern muss man rechnen?

Tobias Klingelhöfer
Wer einen Unfall mit einem E-Scooter ohne Betriebserlaubnis baut, haftet für alle verursachten Schäden. Zudem kostet es 70 Euro Bußgeld und die Polizei kann Strafanzeige wegen Verstoßes gegen das Pflichtversicherungsgesetz verhängen. Dafür kann eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe fällig werden. In Summe also ein teurer Spaß, ohne Zulassung und Versicherung durch die Gegend zu düsen.
Auch Rotlichtverstöße sind übrigens auf dem elektrischen Roller kein Kavaliersdelikt: Geschieht beim Ignorieren der roten Ampel ein Unfall, kann ein Bußgeld bis zu 180 Euro fällig werden. Zudem kostet es einen Punkt in Flensburg.

Auf welche Gefahren muss man sich einstellen?

Tobias Klingelhöfer
Das Brett eines E-Scooters ist relativ kurz. Fahrer müssen sich mit beiden Händen am kurzen Lenker festhalten und haben keinen Arm frei, um anzuzeigen, wenn sie abbiegen wollen. Und da weder Blinker oder Bremsleuchten bei E-Scootern vorgeschrieben sind, werden Bremsvorgänge und Fahrtrichtungswechsel oft spät oder gar nicht von anderen Verkehrsteilnehmern erkannt. Wer auch bei winterlichen Temperaturen auf seinen E-Roller steigt, sollte sich besonders warm anziehen, weil man sich weniger bewegt als auf einem Fahrrad. Auch glatte oder holprige Straßen sind für E-Scooter-Fahrer aufgrund der kleinen Räder eine besondere Herausforderung und nicht mit dem Fahrrad zu vergleichen. Anfängern rate ich daher unbedingt zu einigen Übungsrunden ohne Verkehr, z. B. auf einem leeren Parkplatz.

 
Halter haftet bei Parkverstoß I

­Behindert ein falsch geparkter E-Scooter Fußgänger, verstößt dies gegen die Straßen­verkehrsordnung. Das Amtsgericht Berlin-Tiergarten befand nun, dass die Vermieterin als Halterin für die Verfahrenskosten haftet, wenn der Fahrer aufgrund ihrer knappen Angaben nicht eindeutig identifiziert werden kann (Az.: 297 OWi 812-23).

Halter haftet bei Parkverstoß II

Wird ein E-Scooter auf einem Gehweg so abgestellt, dass er andere Verkehrsteilnehmer behindert und gefährdet, liegt ein bußgeldbewährter Verstoß gegen das allgemeine Rücksichtnahmegebot vor. Macht der E-Scooter-Anbieter keine Angaben zum Fahrer, haftet er laut Amtsgericht Hamburg-Altona (Az: 327b OWi 1/23) – wie bei einem Verkehrsverstoß mit einem Pkw – als Halter.

Seit 1. März: Schilderwechsel

Im März 2023 haben schwarze Kennzeichen die grünen Nummernschilder abgelöst. Wer mit alten Kennzeichen weiterfährt, hat keinen Haftpflichtversicherungsschutz, macht sich strafbar und muss Schäden selbst zahlen.

Viele Schadenfälle

Die Kfz-Haftpflichtversicherer haben in 2020 bei rund 180.000 versicherten Fahrzeugen 1.150 Unfälle gezählt, bei denen Dritte zu Schaden kamen.

Dabei ist die Schadensbilanz der elektrischen Roller höher als bei Mopeds und Mofas zusammen: Während jeder Unfall bei Moped und Co. laut Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) im Durchschnitt mit 3.700 Euro pro Unfall zu Buche schlägt, liegen die Kosten bei E-Roller-Unfällen im Schnitt bei 3.850 Euro. Nur für Pkw-Unfälle zahlen Kfz-Haftpflichtversicherer noch mehr. Hier kostet ein Unfall durchschnittlich 4.550 Euro.

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Passende Gerichtsurteile

Neu: Entzug der Fahrerlaubnis für betrunkenen Sozius auf E-Scooter

Fahren zwei Personen auf einem E-Scooter und hält sich der absolut fahruntüchtige Mitfahrer mit am Lenker fest, zählt das als "Trunkenheit im Verkehr" (Paragraf 316 Strafgesetzbuch, StGB). Dies hat das Landgericht Oldenburg entschieden und einen vorläufigen Fahrerlaubnisentzug bestätigt. Auch bei einer Trunkenheitsfahrt mit einem E-Scooter sei die absolute Fahruntüchtigkeit ab einer Blutalkoholkonzentration von 1,1 Promille anzunehmen (Az.: 4 Qs 368/22).

Fahrverbot nach E-Scooterfahrt unter Drogen

Die Anordnung eines bußgeldrechtlichen Fahrverbots ist auch bei einer Trunkenheits- oder Drogenfahrt mit einem E-Scooter rechtmäßig. Denn das Fahren mit einem E-Scooter berge ein erhebliches Gefährdungs- und Verletzungspotential für Dritte, das beim Fahren unter Drogeneinfluss noch gesteigert sei. Dies entschied laut ARAG Experten das Pfälzische Oberlandesgericht Zweibrücken, wonach es allerdings auf die konkreten Umstände der jeweiligen Fahrt ankomme (Az.: 1 Owi 2 SsBs 40/21).

Ein weiteres Gerichtsurteil: Wer unter Cannabiseinfluss mit einem E-Scooter fährt, muss unter Umständen mit dem Entzug des Führerscheins rechnen. Das zeigt ein vom Verwaltungsgericht Berlin entschiedener Fall. Auch beim Fahren mit einem E-Scooter sei das Trennungsgebot zu beachten, also zwischen dem Cannabiskonsum und dem Führen eines Kraftfahrzeugs zu trennen, hebt das Gericht in dem Eilverfahren hervor (Az.: 11 L 184/23).

Fußgänger haben Vorrang

Auf einem kombinierten Fuß- und Radweg haben Fußgänger gegenüber Elektrokleinstfahrzeugen, so genannten E-Scootern oder Elektrorollern, Vorrang.

Nach einem Beschluss des Oberlandesgerichts Koblenz müssen die Fahrer ihre Fahrweise und Fahrgeschwindigkeit so anpassen, dass es nicht zu einer Behinderung oder Gefährdung der Fußgänger kommt. Hierzu gehöre auch, durch Warnsignale, Blickkontakt oder auf andere Weise eine Verständigung mit dem Fußgänger zu suchen.

Achte oder reagiere dieser nicht auf Warnsignale, müsse das Fahrzeug bis zum Stillstand abgebremst werden, wenn dies erforderlich sei, um eine Behinderung oder Gefährdung zu vermeiden, betonte das Gericht (Az.: 12 U 692/18).

Gut zu wissen: Versicherungspflicht für E-Roller

Nach Angaben der ARAG Experten benötigen E-Scooter eine Betriebserlaubnis des Kraftfahrtbundesamtes. In diesem Rahmen ist eine Haftpflichtversicherung für Kraftfahrtzeuge vorgeschrieben. Allerdings gibt es einen entscheidenden Unterschied zum Auto: Während geschädigte Dritte bei Pkw-Unfällen ihren Schaden immer vom Haftpflichtversicherer des Verursachers ersetzt bekommen – hier spricht man von einer verschuldensunabhängigen Gefährdungshaftung (Paragraf 7, Straßenverkehrsgesetz (StVG)) –, bleibt der durch einen E-Roller Geschädigte unter Umständen auf dem Schaden sitzen.

In einem konkreten Fall war das geparkte Auto eines Autofahrers von einem E-Scooter beschädigt worden. Es konnte zwar kein Fahrer ermittelt werden, denn der hatte offensichtlich das Weite gesucht, aber anhand des Gefährts konnte der Mann zumindest die Haftpflichtversicherung ausfindig machen. Als er vom Versicherer Schadensersatz forderte und sich dabei auf die verschuldensunabhängigen Gefährdungshaftung berief, winkte die Versicherung ab. Und zwar zu Recht, wie die ARAG Experten bestätigen. Da Elektrokleinstfahrzeuge auf ebener Strecke mit maximal 20 km/h unterwegs sind, ist eine verschuldensunabhängige Haftung gemäß Paragraf 8 StVG ausdrücklich ausgeschlossen. Der Mann blieb daher auf seinem Schaden sitzen (Amtsgericht Frankfurt am Main, Az.: 29 C 2811/20 (44)).

Versicherung bei Miet-Rollern
In der Regel sind gemietete E-Scooter durch den Verleiher versichert. Doch die ARAG Experten weisen darauf hin, dass damit nur die Schäden abgesichert sind, die anderen mit dem Miet-Gefährt zugefügt werden. Schäden am eigenen Leib und am gemieteten Scooter müssen die Fahrer aus eigener Tasche zahlen. Je nach Anbieter können Kunden aber auch unfallversichert sein.

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