
So werden private Online-Verkäufe nicht zur Steuerfalle
12.01.2023
Auf Online-Marktplätzen wie eBay, Etsy, Amazon und Co. lässt sich privat viel Geld verdienen. Dabei sollte man aber das Finanzamt nicht vergessen. Denn wer regelmäßig online Artikel verkauft, kann schnell vom Privatverkäufer zum steuerpflichtigen Händler werden und muss unter Umständen mit saftigen Nachforderungen rechnen. Die ARAG Experten nennen die wichtigsten Steuerfallen und erklären das neue Plattformen-Steuertransparenzgesetz.
Was das neue Plattformen-Steuertransparenzgesetz für Verbraucher bedeutet
Es klingt genauso unsexy wie es ist: Das Plattformen-Steuertransparenzgesetz (PStTG) gilt seit 1. Januar und verpflichtet digitale Plattformen-Betreiber wie etwa eBay, Etsy, Amazon Marketplace oder airBnB, Geschäfte ihrer Nutzer an das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) zu melden. Ziel des Gesetzes ist es, mehr Steuergerechtigkeit zu erreichen sowie Steuerhinterziehung und Steuerumgehung zu unterbinden.
Power-Seller aufgepasst: Die neuen Spielregeln
Es ist die EU-Richtlinie 2021/514 oder auch DAC 7 genannt, die bis Ende 2022 in nationales Recht umgesetzt werden musste und seit Anfang Januar für Aufruhr unter allen Verkäufern auf Kleinanzeigen-Portalen sorgt. Danach müssen bestimmte Daten aller Anbieter, die auf der Plattform tätig sind, vom Plattform-Betreiber einmal jährlich an das Finanzamt gemeldet werden. Zu den meldepflichtigen Anbieterdaten gehören unter anderem Name, Adresse, Bankverbindung, Steuer-ID des Verkäufers und Verkaufserlöse sowie Gebühren und Provisionen.
Es gibt es allerdings Grenzen der Meldepflicht: Wer bis Januar 2024 weniger als 30 Artikel auf einer Plattform verkauft oder nicht mehr als 2.000 Euro Umsatz in diesem Zeitraum erwirtschaftet, muss nicht gemeldet werden. Wer allerdings mit weniger als 30 Artikeln die Bagatellgrenze von 2.000 Euro erreicht, ist nicht von der Meldung freigestellt.
Nutzer digitaler Plattformen müssen damit rechnen, dass ihre Vertriebsaktivitäten europaweit erfasst werden, da es im Rahmen der EU-Amtshilfe einen automatischen Austausch von Informationen zwischen den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union geben soll.
So sucht das Finanzamt nach Steuersündern
Schon seit 2013 müssen Portalbetreiber auf Anfrage des Finanzamtes Namen, Adresse und Bankverbindung eines Verkäufers weitergeben und alle Verkäufe auflisten (Bundesfinanzhof, Az.: II R 15/12). Mit der neuen Meldepflicht landen diese Daten automatisch beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt). Das BZSt ermittelt zudem mit der Suchmaschine Xpider, wer über einen längeren Zeitraum oft oder viel Ware über Handelsplattformen verkauft. Dabei geraten vor allem Händler ins Visier der Beamten, die Neuware anbieten. Das zuständige Finanzamt beleuchtet die gewonnen Daten ganz genau und entscheidet jeden Fall individuell. Und wer so als gewerblicher Händler eingestuft wird, muss mit saftigen Nachforderungen rechnen.
Ab wann ist man gewerblicher Händler?
Der Übergang zwischen Privatverkauf und professionellem Handel ist fließend. Wer seinen Kleiderschrank entrümpelt und die Ex-Lieblingsbluse vom Ex-Lieblingsdesigner verkauft, muss keine Steuern zahlen. Auch die geerbte Münzsammlung kann problemlos online versteigert werden, ohne dem Finanzamt Geld zu überweisen. Wer aber dauerhaft gewinnbringend Artikel verkauft, macht sich verdächtig. Laut ARAG Experten wird der Fiskus aufmerksam, wenn jemand regelmäßig handelt, hohe Umsätze erzielt, oft Neuware, gleichartige Sachen oder für Dritte verkauft und dabei die angebotene Ware aufwändig platziert.
Aufgepasst bei Wiederverkauf und Spekulationsgütern!
Wenn Sachen innerhalb eines Jahres gekauft und wieder verkauft werden, schaut das Finanzamt genau hin. Zudem interessiert es sich für so genannte Spekulationsgüter wie beispielsweise Gold, Antiquitäten oder Kunst, die schnell und mit hohem Profit wiederverkauft werden. Dann müssen auch private Händler Vorsicht walten lassen und dürfen die jährliche Freigrenze von 600 Euro Gesamtgewinn für private Veräußerungsgeschäfte nicht überschreiten. Liegt der Gewinn nur einen Cent darüber, müssen sämtliche Gewinne in der Einkommenssteuererklärung als ‚sonstige Einkünfte‘ mit Höhe des Gewinns, Kaufpreis und Datum von An- und Verkauf angegeben werden.
Was sollten Privatverkäufer nun tun?
Wer über den genannten Grenzen liegt, sollte seine Gewinne unbedingt in der Steuererklärung angeben, da die Finanzbehörde nach entsprechender Meldung der Plattform-Betreiber über die Umsätze informiert ist und betroffene Steuerzahler genau unter die Lupe nehmen wird. Geprüft wird dann unter Umständen auch, ob die Grenze zur Gewerblichkeit überschritten wurde. Darüber hinaus raten die ARAG Experten Privatverkäufern, alle Verkäufe detailliert zu dokumentieren und dabei Ein- und Verkaufspreis, Gewinn und Verlust sowie sonstige Kosten rund um den Online-Verkauf zu notieren. Entsprechende Belege sollten ebenfalls aufbewahrt werden.
Welche Steuern fallen bei gewerblichen Händlern an?
Nach Angaben der ARAG Experten müssen gewerbliche Händler Einkommens-, Umsatz- und Gewerbesteuer zahlen. Dabei liegt der aktuelle Grundfreibetrag, der zur Absicherung des Existenzminimums dient und daher keiner Einkommenssteuer unterworfen ist, bei 10.908 Euro. Wer den Onlinehandel als Nebenverdienst zu seiner nichtselbständigen Tätigkeit betreibt, darf bis zu 410 Euro pro Jahr steuerfrei behalten, ohne eine Steuererklärung abgeben zu müssen – es sei denn, er ist dazu bereits aus anderen Gründen verpflichtet. Außerdem muss keine Umsatzsteuer abgeführt werden, wenn die Netto-Umsätze 22.000 Euro nicht überschreiten. Eine Umsatzsteuer wird erst fällig, wenn die Umsätze im zurückliegenden Jahr höher als 22.000 Euro waren und im laufenden Jahr voraussichtlich mehr als 50.000 Euro betragen. Die ARAG Experten weisen darauf hin, dass auch noch die Kommunen für die Gewerbesteuer die Hand aufhalten könnten, wenn die Gewinne höher als 24.500 Euro pro Jahr sind.