
Hausdurchsuchung – Ihre Rechte und wie Sie sich richtig verhalten
Strafrechtsexperte Udo Vetter erklärt, wie Sie sich bei einer Hausdurchsuchung am besten verhalten.
27.10.2014
Verlangen Sie einen Durchsuchungsbeschluss
Mitunter sprechen Polizeibeamte für die Zeit der Durchsuchung ein Telefonverbot aus. Zumindest wenn es um die Kontaktaufnahme mit einem Rechtsanwalt geht, ist das klar rechtswidrig. Als Beschuldigter darf man zu jedem Zeitpunkt einen Anwalt konsultieren. Zwar kann auch ein Anwalt die Durchsuchung in den allermeisten Fällen zunächst nicht stoppen, aber oft Schlimmeres vermeiden. Ein Polizeibeamter, der die Kontaktaufnahme mit einem Anwalt verhindert, handelt unseriös. Darauf sollte man auch energisch hinweisen und mit einer späteren Beschwerde drohen.
Verhältnismäßigkeit: Verhindern Sie die Hausdurchsuchung durch eine freiwillige Übergabe
In beiden Fällen gilt: Tätlicher Widerstand gegen Polizeibeamte hilft, ebenso wie bei der Verhaftung, niemals weiter. Stattdessen ist es besser, ruhig Blut zu bewahren. Vor allem sollte man als erstes den Durchsuchungsbeschluss sorgfältig lesen. Dieser Beschluss enthält nämlich mitunter ein Schlupfloch, mit dem sich das Schlimmste verhindern lässt. Gerade bei kleineren Delikten ordnen Gerichte zur Wahrung der Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes immer häufiger an, dass die Durchsuchung als abgesagt gilt, wenn der Beschuldigte die gesuchten Dinge freiwillig herausgibt.
Hier muss man also blitzschnell überlegen, ob man beispielsweise für die Beamten die
fraglichen Depotauszüge aus einer Steueroase freiwillig aus der Dokumentenmappe holt. Oder ihnen die schicken Ventilkappen in die Hand drückt, welche gestern Nacht an Nachbars Auto verschwunden sind.
Das mag eventuell einem Geständnis gleichkommen. Allerdings erspart man sich hierdurch nicht nur, dass die eigene Wohnung auf den Kopf gestellt wird. Sondern auch, dass Dinge auftauchen, die einen ganz anderen Tatverdacht begründen. So kommt es zum Beispiel nach meiner Erfahrung als Strafverteidiger selbst in den besten Kreisen vor, dass mitunter kleine Mengen illegaler Rauchwaren im Nachttisch lagern. Auch solche „Zufallsfunde“ dürfen gesichert und später gegen den Betroffenen verwendet werden.
Am intensivsten fragen Polizeibeamte bei einer Durchsuchung übrigens nach Passwörtern für Computer und Smartphones.
Lässt sich die Durchsuchung mit der freiwilligen Übergabe nicht abwenden, heißt es allerdings wieder grundsätzlich: „Sie haben das Recht zu schweigen.“ Dieses Recht erstreckt sich nämlich nicht nur auf den Tatvorwurf, sondern auch auf die Durchsuchung selbst. Es gibt also keine Pflicht, zu erklären, was sich wo im Haushalt befindet. Zu einer Mitwirkung in irgendeiner Form ist man schlichtweg nicht verpflichtet.
Am intensivsten fragen Polizeibeamte bei einer Durchsuchung übrigens nach Passwörtern für Computer und Smartphones. Muss man nicht wenigstens diese nennen? Die Antwort ist ein klares Nein. Bei uns gibt es, anders als etwa in Großbritannien, bislang keine gesetzliche Regelung, die Passwörter vom Schweigerecht ausnimmt.
Erfahrungsgemäß bringt es an Ort und Stelle sowieso nichts, Passwörter zu nennen. Das liegt ganz einfach daran, dass sämtliche Hardware mittlerweile von IT-Spezialisten der Polizei ausgelesen werden muss. Diese Experten sind aber allenfalls in größeren Fällen dabei. Deshalb wandern beschlagnahmte Computer so oder so erst mal in die Asservatenkammer. Ob man ein Passwort möglicherweise preisgibt, kann man also auch nach der ersten Hektik noch entscheiden.
Mitunter sprechen Polizeibeamte für die Zeit der Durchsuchung ein Telefonverbot aus. Zumindest wenn es um die Kontaktaufnahme mit einem Rechtsanwalt geht, ist das klar rechtswidrig. Als Beschuldigter darf man zu jedem Zeitpunkt einen Anwalt konsultieren. Zwar kann auch ein Anwalt die Durchsuchung
in den allermeisten Fällen zunächst nicht stoppen, aber oft Schlimmeres vermeiden. Ein Polizeibeamter, der die Kontaktaufnahme mit einem Anwalt verhindert, handelt unseriös. Darauf sollte man auch energisch hinweisen und mit einer späteren Beschwerde drohen.
Weiter wird oft nicht beachtet, dass bei einer Durchsuchung unabhängige Zeugen anwesend sein sollen. Zeuge kann ein städtischer Beamter sein, so lange er kein Polizist ist. Auch zwei oder mehr Nachbarn kann die Polizei hinzubitten. Spätestens an diesem Punkt muss man aber überlegen, ob man die Nachbarn mit Blick auf den eigenen Ruf wirklich in der Wohnung haben möchte. Am sinnvollsten ist es daher, vielleicht einen (echten) Freund aus dem Bett zu klingeln, sofern der zügig da sein kann.
Das Prinzip „Good Cop, Bad Cop“ haben sich unsere Kriminalisten nicht erst aus US-Krimis abgeguckt.
Bei der Durchsuchung selbst muss man stets im Hinterkopf behalten, dass jedes Wort gegen einen verwendet werden kann. Es kommt immer wieder vor, dass der eine Polizeibeamte den Kleiderschrank durchwühlt, während der andere beim (endlich!) ersten Kaffee das freundliche Gespräch sucht. Das Prinzip „Good Cop, Bad Cop“ haben sich unsere Kriminalisten nicht erst aus US-Krimis abgeguckt. Alles, was am Rande der Polizeiaktion scheinbar unverbindlich
geplaudert wird, findet später seinen Weg in die Ermittlungsakte – und zwar auch als Beweis gegen den Beschuldigten.
Ich rate deshalb immer dringend, allenfalls was zum Wetter zu sagen. Oder die Situation in der Champions League. Wenn es ums Privatleben oder gar um Alibis geht, ist dagegen Schweigen im Zweifel die richtige Option, selbst wenn die Atmosphäre frostiger wird.
Oft blättern Polizeibeamte auch bereits Aktenordner oder sonstige Papiere durch. Dazu sind sie nur berechtigt, wenn sie damit ausdrücklich beauftragt sind. Schweigt der Durchsuchungsbeschluss in diesem Punkt, sollte man darauf bestehen, dass die Unterlagen ungelesen verpackt und versiegelt werden. Sollte nämlich eine spätere Beschwerde gegen die Durchsuchung erfolgreich sein, müssen die Unterlagen dann womöglich ungelesen zurückgegeben werden.
Egal, um was es in der Sache geht, mitgenommen werden heute so gut wie immer Computer, Handys, Festplatten und sonstige Datenträger. Das stürzt nicht nur Freiberufler oder Gewerbetreibende oft in massive Probleme. Die Auswertung der Daten dauert meist Monate. Kopien der Datenträger fertigt die Polizei nur zögerlich und nimmt
dafür teilweise unverschämte Gebührensätze. Ich kann deshalb jedem nur dringend raten, zumindest die wichtigsten persönlichen Daten außerhalb des eigenen Haushalts zu sichern. Dafür reicht schon eine verschlüsselte DVD, die man in regelmäßigen Abständen bei einem zuverlässigen Menschen hinterlegt.
Zum Abschied bittet die Polizei regelmäßig um eine Unterschrift – nämlich unter das Durchsuchungsprotokoll. Man sollte das Protokoll unbedingt sorgfältig lesen und schauen, ob alle beschlagnahmten Gegenstände aufgeführt und genau beschrieben sind. Außerdem ist es wichtig zu prüfen, ob die vielen Kreuzchen – etwa für den Widerspruch gegen die Durchsuchung – auch an der richtigen Stelle sind. Sollte es da die geringste Meinungsverschiedenheit geben, bleibt nur eins: die Unterschrift verweigern. Denn verpflichtet ist man dazu nicht.
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