
Die ersten 60 Minuten der Festnahme
Strafrechtsexperte Udo Vetter erklärt, wie Sie sich bei einer Festnahme am besten verhalten.
18.06.2014
„Sie sind festgenommen.“ Dieser Satz gehört sicher zum unerfreulichsten, was man aus dem Mund eines Polizeibeamten hören kann. Die meisten Menschen fallen in dieser Situation in ein schwarzes Loch. Erst mal nicht mehr nach Hause können? Was sagt die Familie? Der Chef? Wie verhalte ich mich nun? Das alles türmt sich in diesem Moment auf wie ein unüberwindlicher Fels.
Als Strafverteidiger erlebe ich Tag für Tag den Druck, den eine Verhaftung auslöst. So eine Erfahrung kann wirklich jeden treffen - auch völlig Unschuldige. Deshalb möchte ich als Fachanwalt für Strafrecht in einer losen Folge von Beiträgen schildern, wie das Ganze abläuft, welche Rechte man hat und wie man sich am besten mit der schwierigen Situation arrangiert. Heute geht es um darum, was in den ersten 60 Minuten nach der Festnahme passiert.
Vorweg eine eiserne Regel: Aktiver Widerstand gegen einen polizeilichen Zugriff ist eine ganz schlechte Idee, und zwar immer. Den Beamten steht das staatliche Gewaltmonopol zur Seite. Sich einsperren, Drohungen oder Gegenwehr haben noch keinem meiner Mandanten genutzt,
sondern bloß weitere Strafverfahren eingebracht. Deshalb rate ich unbedingt dazu, Anordnungen zu folgen – wenn man sie den Beamten nicht mit freundlichen Worten ausreden kann. Ob alles rechtmäßig ist, was Polizisten verlangen, wird später geklärt. Vor Gericht.
Wenn die Festnahme nicht einer aktuellen Situation geschuldet ist, erfolgt sie meist am frühen Morgen. Sechs, sieben Uhr sind beliebte Zeiten. Weil man die meisten Leute dann einigermaßen sicher zu Hause antrifft. Aber natürlich auch ein bisschen, weil viele dann noch im Bett liegen oder zumindest den ersten Kaffee noch vor sich haben. „Schläfrigkeit erhöht die Gesprächigkeit“, sagte mir mal der Lehrer an einer Polizeischule.
Und genau darum geht es: Polizisten wissen, der Redebedarf Betroffener ist in den ersten Minuten am größten. Unter dem Schock der Ereignisse verspürt jeder den Drang, „Missverständnisse“ aufklären, seine Unschuld mit vielen Worten zu beweisen – oder aber schlicht ein Geständnis abzulegen. Bevor man dem Rededrang nachgibt, sollte man den
Polizeibeamten aber wenigstens genau zuhören. Diese müssen ganz am Anfang unter anderem ausführlich darüber belehren, dass man als Beschuldigter nichts sagen muss. Das ist ein unumstößliches Recht. Schweigen darf auch niemals zum Nachteil eines Betroffenen ausgelegt werden.
Es ist nach meiner Erfahrung fast immer sinnvoll, sich konsequent auf das Schweigerecht zu berufen. Der Grund ist profan: Entlastendes wird an Ort und Stelle ohnehin nicht geglaubt, zumindest ist es für die Beamten kaum überprüfbar. Und: Wer sich selbst belastet, bleibt regelmäßig daran kleben. Laut Untersuchungen wären viele Taten nicht oder nur in einem geringeren Umfang nachweisbar, gäbe es keine frühen Geständnisse.
Das ist alles ist natürlich schwierig, und für juristische Laien kaum zu überschauen. Von daher sollte man sich immer überlegen, ob man sofort auf einen Anwalt besteht. Die Kontaktaufnahme mit einem Strafverteidiger per Telefon muss die Polizei stets ermöglichen. Untersagen Polizisten Telefonate oder wollen sie mit einer Vernehmung nicht warten, bis der Anwalt da ist, wäre das offensichtliches „foul play“ und ein weiterer guter Grund, erst mal jede Aussage zu verweigern. Dann müssen die Beamten auf den Anwalt warten.
Ganz wichtig in so einer Situation ist es also, ruhig zu bleiben. Ich rate meinen Mandanten immer, sich im Zweifel auf eine Nacht im Polizeigewahrsam einzustellen, statt aussagetechnisch mit dem Kopf durch die Wand zu wollen. Spätestens am Tag nach der Verhaftung muss nämlich ohnehin ein Richter und nicht die Polizei entscheiden, ob es wirklich zur Untersuchungshaft kommt. Dieser Richter und der zuständige Staatsanwalt sind oft bessere Ansprechpartner für eine mögliche „Verständigung“ darüber, ob Untersuchungshaft wirklich erforderlich ist.
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