
Was ist ein „bloßstellendes Foto“?
Udo Vetter über den neuen Gesetzesentwurf zum Cybermobbing.
04.02.2019
Vor einiger Zeit haben sich Eltern hilfesuchend an mich als Anwalt gewandt. Ihre 15-jährige Tochter wird gemobbt. Vor allem auf Facebook reden Schulkameraden dem Mädchen übel nach – bloß weil sie fülliger ist als andere. Meist sind die Sprüche nur blöd, mitunter aber auch tief verletzend. Garniert sind die Attacken oft mit Fotos der jungen Frau, die heimlich mit dem Handy auf dem Schulhof oder sogar im Klassenzimmer geschossen wurden.
Natürlich haben die Eltern mit den Lehrern gesprochen. Diese sehen zwar das Problem, verweisen aber auf ihre Überlastung. Was auf Facebook passiere, könnten sie nicht auch noch kontrollieren. Wie gerufen scheint da ein aktueller Gesetzentwurf der Bundesregierung zu kommen, mit dem etwas gegen Cybermobbing getan werden soll. „Vielleicht helfen ja diese neuen Vorschriften“, sagte die Mutter hoffnungsvoll in unserem ersten Gespräch.
Ich musste sie in diesem Punkt leider enttäuschen. Denn der Gesetzentwurf verschärft – als Reaktion auf die Affäre Edathy – vor allem die Strafbarkeit bei Sexualdelikten im Bereich von Nacktaufnahmen. Um Cybermobbing in Alltagssituationen kümmert sich das Papier eigentlich nur in einem Punkt, und der ist für unseren Fall noch nicht mal einschlägig.
So soll es künftig verboten sein, „bloßstellende“ Bildaufnahmen von einer Person anzufertigen oder zu verbreiten. Nicht nur Juristen bekommen bei so einer Formulierung Kopfschmerzen. Was, um alles in der Welt, ist denn ein bloßstellendes Foto? Reicht schon ein unvorteilhafter Blickwinkel? Oder muss das „Opfer“ sich quasi im Koma befinden und mit Zahnpasta bemalt sein, wie wir das von berühmt-berüchtigten Partybildern kennen?
Wie man unschwer erkennen kann, schafft die Frage, ob eine Bloßstellung vorliegt, extreme Unklarheit. Fachjuristen halten eine so weitgehende Regelung, die sogar für die Presse gelten soll, für viel zu unbestimmt und damit verfassungswidrig. Das gilt umso mehr, als schon das bloße Knipsen eines Bildes strafbar wäre und nicht nur seine Verbreitung. Selbst harmloses Fotografieren auf der Straße könnte künftig schon zu Polizeieinsätzen führen.
Der 15-Jährigen und ihren Eltern wäre sowieso nicht geholfen. Die Bilder des Mädchens zeigen sie weder unbekleidet noch in peinlichen Situationen. Es sind vielmehr die dazu gehörigen Sprüche zu ihrem Äußeren, die sie verletzen. Dazu findet sich jedoch kein Wort in dem Gesetzentwurf.
Allerdings ist das an sich auch gar nicht tragisch. Denn wir haben eigentlich längst vernünftige Gesetze, um den Kampf gegen Cybermobbing aufzunehmen. So erklärte ich den Eltern, dass ihre Tochter ein Recht am eigenen Bild hat. Sie muss es schon heute nicht hinnehmen, dass Bilder von ihr ungefragt auf Facebook gestellt werden. Dagegen kann das Kind vorgehen wie jeder andere auch, etwa durch Zivilklagen und Strafanzeigen.
Gleiches gilt für verbale Beleidigungen, üble Nachrede und Verleumdung. Auch dafür gibt es die passenden Paragrafen. Diese gelten auch auf Facebook & Co. Es fehlt also nicht an den juristischen Vorgaben, sondern eher an ihrer energischen Umsetzung. Dass Polizeibeamte mitunter Mobbing-Anzeigen als Bagatellen abtun, liegt wohl meist an der unbestreitbaren Personalnot in den zuständigen Dienststellen.
Vielleicht sollte das Motto deshalb künftig sein: weniger neue Paragrafen, dafür mehr geeignetes Personal. Das gilt natürlich auch für die Schulen und insbesondere unabhängige Beratungs- und Schlichtungsstellen. Die können bei entsprechender Ausstattung solche Konflikte ohnehin viel nachhaltiger entschärfen als die Justiz.
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