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„Komme ich vielleicht raus, wenn ich eine Kaution zahle?“ Diese Frage stellen mir als Strafverteidiger viele Mandanten, wenn sie hier in Deutschland mit einem Haftbefehl konfrontiert werden. Entweder haben diese Mandanten den einen oder anderen Euro flüssig. Oder es gibt Angehörige oder Freunde, die dem Betroffenen finanziell unter die Arme greifen würden.

Meist muss ich die Euphorie bremsen. Denn so einfach, wie man das aus amerikanischen Krimiserien kennt, ist es bei uns in Deutschland leider nicht. In den USA ist Freiheit gegen Kaution tatsächlich der Standardfall. Nur bei schwersten Taten und entsprechender Straferwartung wird Untersuchungshaft ohne Kaution angeordnet.

Dementsprechend gibt es in den Vereinigten Staaten sogar staatlich zugelassene Kautionsbüros. Diese finanzieren dem Beschuldigten die Kaution vor, gegen eine Gebühr von 10 bis 15 %. Hält sich der Beschuldigte nicht an seine Verpflichtungen, wird er dann aber auch doppelt verfolgt: von der staatlichen Polizei und den privaten Kopfgeldjägern der Kautionsbüros.

Bei uns existiert so ein Geschäft um die Strafkaution nicht. Was schon daran liegt, dass die Strafkaution juristisch eher ein Schattendasein führt. Zwar kennt auch unsere Strafprozessordnung die sogenannte „Sicherheitsleistung“. Aber deutsche Gerichte sind erfahrungsgemäß sehr zurückhaltend, einen Beschuldigten (nur) gegen Geld in Freiheit zu lassen.

Begründet ist dies im System der deutschen Haftgründe. Der weitaus wichtigste Haftgrund ist die Fluchtgefahr. Bei Fluchtgefahr setzen die Gerichte naturgemäß eher darauf, dass Beschuldigte ihren Reisepass abgeben und sich regelmäßig bei der Polizei melden. Entscheidend ist meist auch, ob der Betroffene feste soziale Bindungen hat, etwa in Form von Familie, Wohnung und Arbeitsplatz.

Die meisten Richter hierzulande wollen nach meiner Erfahrung auch den Eindruck vermeiden, dass sich begüterte Menschen in irgendeiner Form „freikaufen“ können. Das ist in der Tat erst mal ehrenwert. Denn nach der Verfassung sind wir alle vor dem Gesetz gleich, und zwar unabhängig vom individuellen Kontostand.

Strafkautionen werden von Gerichten bei uns also meist nur akzeptiert, wenn die Haftfrage spitz auf knopf steht. In Zweifelsfällen kann es dann in der Tat nicht schaden, wenn der Betroffene, seine Angehörigen oder Freunde noch einen gewissen Geldbetrag hinterlegen können. Es hängt dann halt auch vom Verhandlungsgeschick des Strafverteidigers ab, ob trotz der Bedenken des Gerichts mit der Kaution vielleicht doch noch eine Haftverschonung gelingt.

Endgültig weg ist die Kaution übrigens nur dann, wenn sich der Beschuldigte später tatsächlich auf die Flucht begibt. Ansonsten wird die Sicherheit vom Staat nach Abschluss des Verfahrens zurückgezahlt.

Aber wie sieht es im Ausland aus?

In zahlreichen Ländern, auch innerhalb Europas, ist die Haftpraxis wesentlich rigider als in Deutschland. Mitunter reicht bereits ein Verkehrsunfall mit Personenschaden aus, um den Fahrer bis zum Abschluss des Verfahrens hinter Gitter zu bringen. Auch die Haftbedingungen sind in den weitaus meisten Ländern weitaus schwieriger als in Deutschland. Sogar beliebte Urlaubsländer haben legendär harte Knäste, Thailand zum Beispiel.


Dabei kann eine Kaution auch im Ausland teilweise viele tausend Euro betragen. Oft verlangt die Justiz in anderen Ländern auch eine Vorauszahlung auf die Verfahrenskosten und eine mögliche Strafe. So kommen schnell Beträge von 10.000 bis 75.000 Euro zusammen, in Einzelfällen auch mehr.

Wer gerne ins Ausland verreist, sollte sich daher überlegen, ob der Abschluss einer Rechtsschutzversicherung sinnvoll ist, um neben den Verfahrens- und Anwaltskosten auch eine Strafkaution abdecken zu können (wobei die Kaution stets nur als Darlehen gezahlt wird).

Neben der Höhe der Deckungssumme sollte man darauf achten, auf welche Länder sich der Schutz bezieht. Manche Rechtsschutzversicherungen bieten eine Strafkaution nur für Europa und die „Anliegerstaaten des Mittelmeeres“ an. Andere Versicherungen, darunter die ARAG, sagen weltweiten Schutz zu.

 

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