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Wir Deutschen sind eine Do-it-yourself-Nation, wie man samstags in jedem Baumarkt beobachten kann. Allerdings kennen die meisten Heimwerker ihre Grenzen. Gewisse Arbeiten sollte man besser nicht selbst erledigen, wenn man das Eigenheim nicht unter Wasser setzen will.

Lass das mal den Profi machen – das ist insgesamt kein schlechter Erfahrungssatz. Muss der jetzt ausgerechnet auf einem besonders heiklen Feld außer Kraft gesetzt werden, nämlich wenn es um unsere Rechtsordnung geht? Das Stichwort lautet „Bürgerwehr“. Die Lokalzeitungen, auch meine, sind in diesen Tagen voll mit Meldungen, dass sich in großen wie kleinen Orten Menschen zusammenschließen. Sie wollen mehr oder weniger organisiert bei sich im Viertel für Ruhe und Ordnung zu sorgen.

Ganz ehrlich: Ich finde das alles entsetzlich. Ich möchte mich nicht von selbst ernannten Ordnungshütern mit Stablampen anleuchten lassen. Ich will nicht erklären müssen, warum ich werktags um 2.40 Uhr noch nicht brav zu Hause im Bett liege. Dieser Unwille ist übrigens völlig unabhängig davon, ob sich mir ein tumber Glatzkopf mit Springerstiefeln in den öffentlichen Weg stellt. Oder ob mein Nachbar, der distinguierte Herr Wirtschaftsprüfer, nun in seiner Freizeit als Hilfssheriff auftritt, und zwar unter Hinweis auf eine semi-amtlich wirkende Warnweste mit einem „Besorgte Bürger von Düsseldorf“-Emblem.

„Selbstjustiz (…) ist ein Giftpfeil für die Demokratie“

Der Grund für mein Unbehagen ist ein doppelter. Da ist, erstens, meine ausgeprägte Abneigung gegen Blockwarte. Man muss nicht viele Geschichtsbücher konsumiert haben um zu wissen, dass Schnüffelei eine Gesellschaft noch nie weiter gebracht. Zweitens: Selbstjustiz in jeder Form ist ein Giftpfeil für die Demokratie. Auf beides läuft der Ansatz der Bürgerwehren aber leider hinaus. Wenig überraschend äußern sich unsere Polizeibehörden deshalb alles andere als erfreut darüber, dass Bürgerwehren direkt und indirekt am staatlichen Gewaltmonopol sägen – und damit leider an einer Säule unseres Grundgesetzes. Dementsprechend dünn ist das rechtliche Eis, auf das sich Bürgerwehren derzeit begeben.

Bürgerwehr: Das sollten Sie wissen

4 Dinge, die die Hilfssheriffs wissen sollten

Ansprachen


Die „Mitgliedschaft“ in einer Bürgerwehr bringt keine zusätzlichen Rechte. Auch eine Uniform oder eine Warnweste bevollmächtigen niemanden, Mitmenschen zu kontrollieren oder ihnen Vorschriften zu machen, etwa Platzverweise zu erteilen. So ein Verhalten kann als Nötigung strafbar sein. Außerdem könnte man gegen solche „Ansprachen“ auf Unterlassung klagen (und ich würde es tun).

Wandelnde Notrufsäulen


Die legale Einsatzmöglichkeit einer Bürgerwehr beschränkt sich deshalb im Kern darauf, dass ihre Mitglieder als „wandelnde Notrufsäulen“ im öffentlichen Raum präsent sind. Im Zweifel darf eine Bürgerwehr eben nicht kurzerhand zulangen, sondern auch sie muss die Polizei alarmieren.

Festnahmerecht


Das bekannte „Festnahmerecht“ jedes Bürgers gilt nur, wenn Straftaten ganz aktuell passieren. Das Risiko, jemand fälschlicherweise festzusetzen, trägt im Zweifel die Bürgerwehr. Gab es gar keine Straftat, entfällt das Festnahmerecht. So einfach ist das.

Von einer ungerechtfertigten beziehungsweise ausgeuferten „Festnahme“ oder einer falsch eingeschätzten Notwehrlage ist es dann nicht mehr weit bis zum Vorwurf der Nötigung oder Freiheitsberaubung. So wird das Mitglied der Bürgerwehr vom ungebetenen Helfer zum Beschuldigten.

Noch heikler wird es natürlich, wenn jemand verletzt wird, etwa durch den Einsatz von Pfefferspray oder robusten Körpereinsatz. Hinzu kommt, dass es bei solchen Delikten erhebliche Strafschärfungen für gemeinschaftliches Handeln gibt. Bürgerwehren sind davon nicht ausgenommen. Gleiches gilt für die Regeln des Versammlungs- und des Waffenrechts.

Unfall- oder Krankenversicherung


Die eigene Unfall- oder Krankenversicherung wird möglicherweise für Behandlungskosten wegen eines Bürgerwehr-Einsatzes nicht aufkommen, insbesondere wenn dieser sich als rechtswidrig herausstellt. Auch der Arbeitgeber wird bei so einer Art der Selbstgefährdung keine Lohnfortzahlung leisten müssen.

Es gibt also auch ganz handfeste Gründe, sich nicht auf das Abenteuer Bürgerwehr einzulassen. Lassen wir die Arbeit also vielleicht doch lieber die Profis machen.

Pfefferspray: Zwischen Notwehr und Körperverletzung

Seit den Vorfällen in der Silvesternacht findet Pfefferspray reißenden Absatz. Wann ist Pfefferspray legal und wie darf es eingesetzt werden? Ein Überblick.

Rechtliches zum Pfefferspray

Pfeffersprays dürfen in Waffengeschäften und Online-Shops verkauft werden. Sofern das Pfefferspray die Aufschrift „nur zur Tierabwehr“ trägt, darf es sogar von Kindern und Jugendlichen erworben oder mitgeführt werden. Fehlt die Aufschrift „nur zur Tierabwehr“, fällt das Pfefferspray unter das Waffengesetz. Dann darf es erst ab einem Alter von 14 Jahren gekauft oder mitgeführt werden.

Gegenüber Menschen darf Pfefferspray immer nur zur Selbstverteidigung eingesetzt werden. Straflos ist so ein Einsatz nur dann, wenn eine Notwehrsituation vorliegt. Eine Notwehrsituation setzt einen "gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff" voraus.

Ob das der Fall ist, ist für die Gerichte oft sehr schwer zu entscheiden. Gerade wenn es noch nicht zu einer körperlichen Attacke gekommen ist, steht häufig Aussage gegen Aussage und die sonstigen Beweise sind dürftig. Wird eine Notwehrlage verneint oder der Pfeffersprayeinsatz als unverhältnismäßig eingestuft, droht dem Verwender eine Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung. Das kann ganz gravierende Folgen haben, denn die Mindeststrafe beträgt drei Monate Haft.

Der Griff zum Pfefferspray sollte deshalb immer nur das letzte Mittel sein.

 

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