
Mein Recht in Wald und Flur
04.03.2022
Naturliebhaber halten sich gerne in Wald und Flur auf. Dort verführen frei wachsende Blumen zum Pflücken, Pilze zum Sammeln und Brennholz für den heimischen Kamin. Doch ist das alles legal oder handelt es sich schon um Straftaten, wenn wir etwas mitnehmen? ARAG Rechtsexperte Tobias Klingelhöfer erklärt im Experteninterview, was erlaubt ist.
Tobias Klingelhöfer
Entgegen der weit verbreiteten Meinung sind die deutschen Wälder in den seltensten Fällen Bundeseigentum. Laut der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald gehören sogar 48 Prozent der Waldfläche Privatpersonen. Danach folgen die Länder mit 29 Prozent. Körperschaften wie z. B. Gemeinden oder Kirchen teilen sich 19 Prozent des Waldes. Dem Bund gehören lediglich etwa vier Prozent. Jeder Eigentümer bewirtschaftet seinen Wald eigenverantwortlich und hat auch das Recht an seinem Wald. Zwar ist im Rahmen des Bundeswaldgesetzes für die meisten Wälder ein Betretungsrecht zum Zwecke der Erholung eingeräumt. Ein Recht, Dinge mitzunehmen, hat der Waldbesucher generell aber nicht. Hierzu bedarf es der Genehmigung des Eigentümers.
Tobias Klingelhöfer
Die sogenannte Handstraußregelung ist im Bundesnaturschutzgesetz verankert und erlaubt – wie der Name schon sagt – beispielsweise, wildwachsende Blumen und Gräser für einen Blumenstrauß zu pflücken. Auch Kräuter, Beeren oder Pilze dürfen in geringen Mengen gesammelt werden. Voraussetzung ist aber, dass das betreffende Gewächs nicht unter Naturschutz steht und dass für den nicht-gewerblichen Eigenbedarf gesammelt wird. Wer ohne Genehmigung Naturalien für gewerbliche Zwecke mitgehen lässt, macht sich strafbar. Brennholz oder Steine dürfen ohne Einwilligung des Eigentümers überhaupt nicht entwendet werden.
Tobias Klingelhöfer
Viele beliebte Sorten zählen laut Bundesartenschutzverordnung zu den besonders geschützten Arten. Das Bundesnaturschutzgesetz verbietet, diese "aus der Natur zu entnehmen". Es gibt aber eine Ausnahmegenehmigung beispielsweise für Steinpilze, Pfifferlinge, Brätlinge, Birkenpilze, Rotkappen oder Morcheln. Diese darf man im Wald – sofern nicht ausdrücklich verboten – in geringer Menge für den eigenen Bedarf sammeln; also bis zu zwei Kilogramm pro Pilzsucher und Tag.
Tobias Klingelhöfer
Weder im Wald noch im Park ist diese Art der Liebesbekundung statthaft, sondern stellt eine Sachbeschädigung dar. Darüber hinaus schädigt ein solcher Akt den Baum. Durch die Verletzung der Rinde können die Bäume leichter von Pilzen oder anderen Schädlingen befallen und damit zerstört werden.
Tobias Klingelhöfer
Das Entwenden von Früchten oder Blumen vom freien Feld ist kein Kavaliersdelikt, sondern Diebstahl. Allerdings kann der Geschädigte bei einem Wert von unter 50 Euro entscheiden, ob er den Diebstahl zur Anzeige bringt. Liegt der Wert des Diebesgutes höher, wird automatisch Anzeige erstattet. Wiederholungstätern kann sogar eine Freiheitsstrafe oder eine Verhaltenstherapie auferlegt werden. Lediglich wenn „Gefahr für Leib und Leben“ gegeben ist, das heißt der Dieb kurz vorm Verhungern wäre, kann der Diebstahl gerechtfertigt sein. Aber dieser Umstand tritt hierzulande doch recht selten ein.
Tobias Klingelhöfer
Obwohl Paragraf 14 BWaldG explizit erlaubt, im Wald zu spielen, ist beim Geocaching trotzdem Vorsicht geboten. Viele Länder geben entsprechende Verhaltensregeln für das Geocachen aus. Insbesondere bevor Sie Sachen verstecken, sollten Sie sich mit den entsprechenden Regeln vertraut machen.
Tobias Klingelhöfer
Da viele Waldbesucher sich der Wege bedienen, kommt es mitunter zu Konkurrenz und Konflikten. Auch hier gibt es unterschiedlichen Landesregeln, die es zu beachten gilt. Grundsätzlich ist der Wald für alle da - generell gilt aber die Pflicht der gegenseitigen Rücksichtnahme. Drosseln Sie im Wald Ihre Geschwindigkeit und machen Sie sich bei Begegnungen mit anderen Waldbesuchern frühzeitig bemerkbar. Auch muss man immer damit rechnen, dass Wildtiere über die Waldwege laufen.
Tobias Klingelhöfer
In vielen Bundesländern, wie etwa Bayern, ist Skilanglauf auf Waldwegen erlaubt. In einigen ist der Winterspaß jedoch nur auf speziell gekennzeichneten Loipen und Flächen erlaubt. Zur Sicherheit anderer Waldbesucher und der Tiere empfiehlt es sich, diesen Wintersport nur auf den dafür offiziell ausgewiesenen Strecken auszuüben.
Tobias Klingelhöfer
Viele meinen, Hunde würden im Wald niemanden stören und können daher frei herumlaufen. Allerdings herrscht oft auch im Wald Leinenpflicht. Mit dem Hund im Wald spazieren zu gehen, unterliegt meist den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen. Wichtig ist, dass es eine bundeseinheitliche Regelung nicht gibt. Die Bundesländer entscheiden selbst, ob eine Leinenpflicht für Hunde im Wald zu beachten ist oder andere Vorschriften gelten. Bestimmt wird das üblicherweise in den Landeswaldgesetzen, die das Verhalten im Wald regeln und zudem Bußgeldverordnungen enthalten. Da die Vorgaben Ländersache sind, fallen die etwaigen Sanktionen unterschiedlich aus.
Tobias Klingelhöfer
Paragraf 23 des Bundesnaturschutzgesetzes stuft Naturschutzgebiete als speziell für den Pflanzen- oder Tierschutz ausgewiesene Waldstücke ein. Daher gelten dort besondere Einschränkungen: Es gilt beispielsweise immer ein Wegegebot und das Sammeln von Pflanzen und Pilzen ist nicht gestattet! Aktivitäten wie Geocaching stellen sich daher als schwierig heraus, obwohl es grundsätzlich nicht untersagt ist. So lange man seine Schätze nicht abseits der Waldwege versteckt, kann der Spaß weitergehen. Hunde müssen im Naturschutzgebiet an der kurzen Leine mitgeführt werden; mancherorts ist das Mitführen von Hunden sogar komplett untersagt.
Ein passendes Gerichtsurteil zum Wandern im Wald
Beim Wandern auf dem Harzer Hexenstieg wurde ein Mann durch einen herabstürzenden Baum schwer verletzt. Schadensersatz muss die Stadt Thale in Sachsen-Anhalt, zu der das Gebiet gehört, aber nicht zahlen. ARAG Experten verweisen auf eine aktuelle Entscheidung des Bundesgerichtshofes, wonach Wandern im Wald auf eigene Gefahr erfolgt (Az.: VI ZR 357/21).
Dem Wald helfen
Viele Forstämter und -betriebe bieten Baumpflanzaktionen an. Erkundigen Sie sich beim örtlichen Forstamt oder suchen online Pflanz-Veranstaltungen in der Nähe.
Ob Grillkohle, Fußbodenbelag oder Möbelstück – wer beim Kauf auf das PEFC-Siegel (Programme for the Endorsement of Forest Certification Schemes, deutsch: Programm für die Anerkennung von Forst-Zertifizierungssystemen) achtet, kauft Holz aus beaufsichtigten Wäldern, die nachhaltig bewirtschaftet werden.
Wem gehört das Obst am Straßenrand?
Grundsätzlich ist der Eigentümer des Grundstücks auch Eigentümer der Bäume und Sträucher, auf dem diese stehen. Ist der Grund und Boden verpachtet, so genießt der Pächter die Rechte der Ernte. Steht ein Baum am Straßenrand, wird er in der Regel der Gemeinde, dem Kreis, dem Land oder dem Bund gehören.
Wir empfehlen, vor einer Ernte am besten die Erlaubnis einzuholen. Steht der Baum auf einer öffentlichen Fläche, kann man bei der Stadt oder der Gemeinde fragen. Sind Flächen umzäunt, dürfen diese nicht betreten werden. Wer dies tut, macht sich wegen Hausfriedensbruchs strafbar.