In meinem Anwaltsbüro lief neulich gar nichts mehr. Telefon und Fax waren tot, der Internetbrowser zeigte nur Fehlermeldungen, und der ins WLAN eingebundene Drucker piepste bloß noch kläglich. In so einem Augenblick fühlt man sich doch sehr verloren. Immerhin war die Ursache des Übels schnell gefunden. Die neue Reinigungskraft hatte aus Versehen mit dem Staubsauger das Kabel vom Router getrennt. Mit einem Klick war bei uns die Welt wieder in Ordnung. Zum Glück...

Ein Gefühl der Ohnmacht. Sind wir so abhängig vom Internetzugang?

Sie kennen dieses gewisse Gefühl der Ohnmacht, wenn im Büro oder im Haushalt technisch plötzlich gar nichts mehr geht? Dann gehören Sie vielleicht zu der rund eine Million Telekom-Kunden, die kürzlich längere Zeit kein Telefon und Internet mehr hatten. Ursache war ein Hackerangriff, der eine große Zahl von Kunden-Routern eines bestimmten Gerätetyps vorübergehend außer Betrieb setzte. Die Kunden hatten bei der Einrichtung der Hardware zuvor keinen Fehler gemacht.

Solche Vorfälle werfen ein Schlaglicht darauf, wie abhängig wir heute davon sind, dass die Schnittstellen der modernen Technik reibungslos funktionieren. Aber natürlich gibt es Tag für Tag auch die kleinen Störungen, die nur einzelne Haushalte oder einen überschaubaren Kundenkreis betreffen. Die Risiken fangen an bei Umstellungsproblemen im Rahmen eines Anbieterwechsels. Und sie hören längst nicht auf, wenn bei Bauarbeiten vor Ort eine Zuleitung beschädigt wird.

In allen Fällen sitzt der Kunde ohne Internetzugang am Computerbildschirm und die Leitung für das Festnetztelefon ist natürlich auch noch tot. Schnell fragt man sich: Was ist eigentlich mit den Ausfallzeiten? Kriege ich die ohne Gegenleistung gezahlten Grundgebühren erstattet? Steht mir gegebenenfalls sogar Schadensersatz zu?

Solche Fragen hören Internet- und Telefonanbieter naturgemäß nicht gerne. Dementsprechend groß ist die Gefahr, dass man bei einem Anruf bei der Kundenhotline ausweichende Antworten erhält. Bei einem Blick ins Kleingedruckte vieler Anbieter kann man ja ohnehin nur verzweifeln. Mehr als gestelztes Bürokratendeutsch steht dort meist nicht.

Der Internetanschluss ist von zentraler Bedeutung

Dabei ist man als Internet- oder Telefonkunde heute keinesfalls mehr ohne Rechte. Dafür hat der Bundesgerichtshof im Jahr 2013 mit einem erfreulichen Grundsatzurteil gesorgt (Aktenzeichen III ZR 98/12). Der Internetanschluss sei auch für Privatpersonen heute von zentraler Bedeutung für die Lebensführung, sagen die Richter. Deshalb bejahen sie – wie etwa bei einem Unfallauto und anders als bei einem defekten Fön für die Haare – grundsätzlich Ersatzansprüche, wenn es zu Störungen kommt.

Schadensersatz für die Zeit des Ausfalls

Die Frage ist nur, wie hoch fällt dieser Schadensersatz aus. Das Amtsgericht Düsseldorf hat hier schon mal eine konkrete Antwort gegeben (Aktenzeichen 20 C 8948/13). Für jeden Tag, an dem der betroffene Kunde nicht online gehen konnte, erhielt er ohne weitere Nachweise die anteilige Grundgebühr erstattet. Ein höherer, konkreter Schaden hätte dagegen belegt werden müssen. Das kann gerade bei Privatanschlüssen naturgemäß schwierig werden.

Ganz anders kann es aber mit dem Schadensersatz aussehen, wenn etwa Freiberufler von zu Hause aus arbeiten und ihre Arbeiten nicht rechtzeitig an den Empfänger übertragen können. Man denke nur an Journalisten, Fotografen, Grafiker und Designer. Diese und andere Freiberufler arbeiten oft unter Zeitdruck. Wenn dann zum falschen Zeitpunkt die Leitung für einen längeren Zeitraum nicht steht, kann das spürbare Umsatzausfälle mit sich bringen. Grundsätzlich kann der Internetanbieter dafür dann auch ersatzpflichtig sein.

Hoffnung auf Nutzungsausfall oder Schadensersatz kann man sich nur machen, wenn es sich um länger dauernde Störungen handelt. Die weitaus meisten Anbieter beschränken in ihren Bedingungen die Verfügbarkeit der Dienste auf 98 oder 99 Prozent – aufs ganze Jahr gesehen. Solche Klauseln beziehen sich aber nur auf Störungen von wenigen Minuten oder einigen Stunden. Die Haftung für länger dauernde Ausfälle, jedenfalls ab einem kompletten Tag, können mit dem Kleingedruckten nicht wirksam auf den Kunden abgewälzt werden.

Alternativer Internetzugang über das Mobilfunknetz

Ein großes Aber gibt es allerdings. Der Ersatzanspruch ist laut dem Grundsatzurteil davon abhängig, dass der Nutzer nicht anderweitig ins Internet gehen oder telefonieren konnte. Genau hierauf hat die Telekom im aktuellen Fall nicht nur kundenfreundlich, sondern auch juristisch geschickt reagiert. Die Telekom stellte ihren betroffenen Mobilfunkkunden Gratis-Datenvolumen zur Verfügung, damit diese ihre Computer und Tablets übers Mobilfunknetz online bringen konnten. Dieser alternative Internetzugang dürfte jedenfalls den Ansprüchen der Mobilfunkkunden auf Nutzungsausfall den Wind aus den Segeln genommen haben.

Juristisch ist der Fall noch ungeklärt

Juristisch ungeklärt ist bislang, ob bei einem Komplettausfall auch das fehlende Festnetz zu einem Nutzungsausfall berechtigt. In den weitaus meisten Haushalten gibt es nämlich auch mindestens ein Handy mit Flatrate-Tarif, über das ebenso telefoniert werden kann. Ist die bloße Nichterreichbarkeit übers Festnetz schon ein Schaden? Diese Frage muss wohl noch ein Gericht beantworten.

Insgesamt bleibt festzuhalten, dass man als Kunde bei einer länger dauernden Internetstörung durchaus nicht den Kopf in den Sand stecken muss. „Nutzungsausfall“ in Höhe der anteiligen Grundgebühr sollte drin sein.

Natürlich gibt es dann auch noch die ganz krassen Fälle, in denen die Störung einfach kein Ende nimmt. Hier bleibt am Ende nur, dem Anbieter eine angemessene Frist zur Abhilfe zu setzen. Verstreicht diese Frist erfolglos, kann man kündigen und zur Konkurrenz wechseln. Eventuelle Mehrkosten müsste dann der alte Anbieter übernehmen.

Das Smart Home braucht das Internet

Schon heute ist absehbar, dass Probleme rund um den Internetanschluss eher zu- als abnehmen. Zum einen dürfte die Attacke auf die Telekom nicht der letzte Hackerangriff gewesen sein. Zum anderen wird die eigene Wohnung immer stärker vernetzt. Groß im Kommen ist das „Smart Home“. Vom Kühlschrank über die Heizung bis zur Schließ- und Alarmanlage lassen sich praktisch alle Vorgänge per App fernsteuern – und alles via Kamera kontrollieren. Das alles sind aber auch Einfallstore für Einbrecher. Diese greifen dann nicht mehr zum Dietrich, sondern zum Smartphone. Die Verfügbarkeit des Internetanschlusses wird also immer wichtiger werden – privat und beruflich.

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