Privates Surfen im Büro: Ihr Chef darf heimlich checken
"Macht doch jeder!": Udo Vetter erläutert, dass privates Surfen im Internet während der Arbeitszeit sogar den Job kosten kann.
19.05.2016 • 3 min Lesezeit
Neulich war ich zu einer Besprechung im Büro einer großen Steuerberatung. Die Mitarbeiterin am Empfang schaute angestrengt auf den Bildschirm ihres Computers. Sie nahm sich seeeehr viel Zeit, meine Anwesenheit zur Kenntnis zu nehmen. So sehr sie auch schwer beschäftigt wirken wollte, so wenig hatte sie damit Erfolg. In einer spiegelnden Scheibe konnte ich nämlich genau sehen, womit sie sich gerade beschäftigte: dem neuesten Klatsch und Tratsch auf der Internetseite „Promiflash“.
Privates Surfen ist Arbeitszeitdiebstahl
Ich nahm die kleine Beobachtung mit Humor. Petzen ist ohnehin nicht mein Ding. Aber die Mitarbeiterin war sich wahrscheinlich nicht darüber im Klaren, dass sie mit der privaten Nutzung des Firmen-Internets so etwas wie Arbeitszeitdiebstahl begeht. Damit riskiert sie im schlimmsten Fall ihren Job. Ebenso wie hunderttausende, wenn nicht Millionen anderer Arbeitnehmer auch.
Chef sichert Browserverlauf
Zwar mag es in vielen Firmen heute gang und gäbe sein, dass man kurz mal Facebook checkt oder online nach Urlaubsreisen schaut – automatisch erlaubt ist das aber keineswegs. Das belegt ein aktuelles Gerichtsurteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg. Ein Arbeitgeber hatte den Verdacht, dass ein Angestellter während der Arbeitszeit exzessiv im Internet surft. Ohne den Mitarbeiter zu informieren, sicherte er über einen längeren Zeitraum den Browserverlauf. Heraus kam, dass der Mitarbeiter fünf komplette Arbeitstage im Monat privat im Internet unterwegs war.
Die fristlose Kündigung kann drohen
Die fristlose (!) Kündigung geht bei so massivem Missbrauch in Ordnung, meinen die Richter. Im Arbeitsvertrag des Mannes war nämlich ausdrücklich geregelt, dass er privat nur während der Pausen surfen darf. Dass der Arbeitnehmer heimlich überwacht wurde, sei zulässig. Das sei noch mit dem Bundesdatenschutzgesetz vereinbar, heißt es im Urteil. Auch die allgemeinen Persönlichkeitsrechte des Arbeitnehmers gehen laut dem Gericht nicht so weit, dass ein Arbeitgeber einem konkreten Missbrauchsverdacht nicht aktiv nachgehen darf (Aktenzeichen 5 Sa 657/15). Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat ähnlich entschieden (Aktenzeichen 61496/08).
Was steht im Arbeitsvertrag?
Jeder Arbeitnehmer sollte sich also darüber klar sein, wie die Rechtslage zum privaten Surfen in der eigenen Firma ist. Im Arbeitsvertrag wird häufig nichts zu dem Thema stehen. Aber damit ist privates Surfen noch längst nicht erlaubt. Vielmehr gilt auch ohne konkrete Regelung im Arbeitsvertrag der Grundsatz, dass ein Angestellter seine Arbeitszeit der Firma zu widmen hat. Das bedeutet im Normalfall: Privates Surfen ist – ähnlich wie bei privaten Telefonaten, Arztbesuchen oder kurzen Besorgungen – während des Dienstes auf wichtige und zeitlich überschaubare Dinge beschränkt.
Steht im Arbeitsvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder einer Dienstanweisung ein klares Verbot, gibt es hieran regelmäßig nichts zu deuteln. Wer dann am Arbeitsplatz privat online geht, riskiert eine Abmahnung und im schlimmsten Fall die Kündigung. Der Arbeitnehmer kann sich bei einem klaren Verbot auch nicht damit herausreden, dass praktisch alle in der Firma privat surfen. Dass der Chef in der täglichen Praxis tatsächlich beide Augen zudrückt, müsste jedenfalls der Betroffene beweisen – was regelmäßig kaum möglich sein wird.
Wirkt Vertrauen besser als ein Verbot?
Neben Verboten gibt es übrigens auch noch einen anderen Weg. Den gehe ich zum Beispiel in meinem kleinen Anwaltsbüro. Meinen Mitarbeitern habe ich privates Surfen ganz einfach erlaubt. Ich persönlich habe das Gefühl, dass so ein Vertrauensvorschuss am Ende viel besser wirkt als ein Verbot, an das sich am Ende sowieso niemand hält.
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