So prüfen Sie, ob Ihr Arbeitszeugnis korrekt ist
Erstaunlich viele Arbeitszeugnisse sind fehlerhaft. Das kann berufliche Chancen verringern. Doch dagegen lässt sich vorgehen. Lesen Sie jetzt, worauf Sie dabei achten sollten.
28.03.2022 • 7 min Lesezeit
Warum es sich lohnt, Arbeitszeugnisse prüfen zu lassen
Bei Bewerbungen ist das Arbeitszeugnis von entscheidender Bedeutung. Inhaltliche Fehler oder formale Mängel können dazu führen, dass Sie im Ranking potenzieller Neuzugänge nach unten rutschen. Gut, dass Sie als (ehemaliger) Arbeitnehmer gegenüber dem Aussteller des Zeugnisses einen Anspruch auf Berichtigung haben!
Ihr Chef hat stets ein hohes Maß an Sorgfalt von Ihnen verlangt. Natürlich zu Recht. Zur Akribie ist er allerdings auch seinerseits verpflichtet – besonders bei der Ausstellung Ihres Arbeitszeugnisses. Die Rechtslage ist eindeutig. Für die Richtigkeit des Arbeitszeugnisses ist der ausstellende Arbeitgeber verantwortlich. Doch auch Sie haben Pflichten. So liegt es an Ihnen, unverzüglich auf Fehler oder Mängel hinzuweisen und diese beseitigen zu lassen. Und das sollten Sie auf jeden Fall machen! Sollten Sie Unstimmigkeiten im Arbeitszeugnis entdecken, lassen Sie Ihr Arbeitszeugnis am besten sofort von einem Anwalt für Arbeitsrecht prüfen und machen Sie von Ihrem Anspruch auf Berichtigung Gebrauch. So können Sie sicherstellen, dass:
- Keine inhaltlichen Widersprüche im Arbeitszeugnis bestehen
- Ihr Arbeitszeugnis wohlwollend formuliert ist
- Sie fair und auf Augenhöhe verabschiedet werden
Wer die Chance zur Korrektur versäumt hat, wird von möglichen neuen Arbeitgebern eventuell als nachlässig eingestuft. Dies kann dazu führen, dass eine Bewerbung auf dem Stapel mit den uninteressanten Kandidaten landet.
5 typische Fehler und Mängel beim Arbeitszeugnis
Nach Expertenschätzungen ist mindestens jedes zweite Arbeitszeugnis nicht ordnungsgemäß ausgestellt. Deshalb sollten Sie das für Ihre berufliche Entwicklung so überaus wichtige Dokument sorgfältig prüfen. Besonders häufig sind die folgenden fünf inhaltlichen Fehler und formalen Mängel:
Arbeitszeugnis prüfen lassen
Sobald Sie Ihr Arbeitszeugnis in den Händen halten, möchten Sie natürlich wissen, was drinsteht. Jetzt kommt es drauf an: Lobt Sie Ihr ehemaliger Arbeitgeber unverhältnismäßig in den Himmel, fehlen konkrete Aufgabenbereiche und Skills oder passt alles? Das erste Lesen ist gleichzeitig Ihre erste Prüfung. Denn Sie wissen genau, was in Ihrem Zeugnis enthalten sein sollte und was nicht. Sobald Unstimmigkeiten auffallen, setzen Sie sich am besten mit einem Experten in Verbindung, um das Arbeitszeugnis prüfen zu lassen. Das Hinzuziehen eines Profis macht generell Sinn, um zu vermeiden, dass im Arbeitszeugnis durch versteckte Botschaften Kritik an Ihnen ausgeübt wird und falsche oder gar fehlende Informationen ein schlechtes Licht auf Sie werfen.
Was kostet es ein Arbeitszeugnis vom Anwalt prüfen zu lassen?
Die Kosten für die Prüfung Ihres Arbeitszeugnisses durch einen Anwalt hängen von der Honorarvereinbarung ab, die Sie mit dem jeweiligen Juristen individuell treffen. Häufig werden Stundensätze in Höhe von 120 bis 160 Euro berechnet. Sollten Sie keine Stundensatzvereinbarung getroffen haben, richten sich die Kosten nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG). Demnach kann ein erstes Beratungsgespräch allein schon 190 Euro kosten.
Um Ihr Arbeitszeugnis prüfen zu lassen, können Sie aber auch von Ihrem Rechtsschutz Gebrauch machen. Über den ARAG Arbeitsrechtsschutz unterstützen wir Sie bei den Kosten für das Prüfen von Verträgen und Arbeitszeugnissen mehrmals im Jahr. Wir helfen Ihnen auch dabei, den passenden Anwalt für Ihr Anliegen zu finden.
Arbeitszeugnis ändern lassen
Sie sind sich unsicher, ob Ihr Arbeitszeugnis inhaltlich und formal ordnungsgemäß ist? Das ist verständlich. Denn für „Zeugnislaien“ sind Fehler und Mängel oft nur mit viel Mühe aufzudecken. Im Zweifel ziehen Sie am besten einen Anwalt für Arbeitsrecht hinzu. Dieser analysiert Ihr Zeugnis fachkundig und berät Sie individuell.
So gehen Sie vor, um Ihr Arbeitszeugnis ändern zu lassen
Grundsätzlich haben Sie das Recht, Ihren Arbeitgeber zur Berichtigung des Arbeitszeugnisses aufzufordern. Ihr erster Ansprechpartner ist hier der Unterzeichner des Dokuments. Wenn Ihre Änderungswünsche nachvollziehbar sind und sich in einem für den Zeugnisaussteller annehmbaren Rahmen bewegen, werden sie in den meisten Fällen bereitwillig umgesetzt. Nimmt Ihr Arbeitgeber berechtigte Korrekturen jedoch nicht vor, können Sie Ihren Anspruch auf Nachbesserung vor dem Arbeitsgericht einklagen.
Neue Fassung des alten Arbeitszeugnisses
Berichtigungen oder Ergänzungen sind durch Ausstellung eines neuen Zeugnisses vorzunehmen, das wie eine Erstausfertigung abzufassen ist. Bei der Korrektur ist der Zeugnisschreiber an den bisherigen, von Ihnen nicht beanstandeten Text gebunden. (Es sei denn, es werden nachträglich Fakten bekannt, die zu einer Neubewertung Ihrer Leistungen oder Ihres Verhaltens führen.) Ein Recht auf Formulierungen im gewünschten Wortlaut haben Sie allerdings nicht.
Häufige Korrekturen bei Arbeitszeugnissen
Verschlüsselte, doppeldeutige oder widersprüchliche Formulierungen sind ersatzlos zu streichen (Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm, Az.: 4 Sa 630/98). Sollte das Arbeitszeugnis nach ausgeführten Änderungen nicht mehr dem Wahrheitsgrundsatz entsprechen, ist es vollständig neu zu formulieren (LAG Bremen, Az.: 4 Sa 320/88). Auch Fehler im Schlussteil müssen auf Ihren Wunsch hin korrigiert werden. Es besteht aber kein Anspruch auf Dankesformel und Zukunftswünsche – selbst wenn deren Fehlen von Dritten negativ ausgelegt werden könnte (BAG, Az.: 9 AZR 227/11).
Befristete Chance auf Korrektur
Selbst wenn Sie Ihr Arbeitszeugnis nicht sofort für eine Neubewerbung benötigen: Auf Fehler oder Mängel sollten Sie dennoch zeitnah hinweisen. Denn wer seinen (früheren) Arbeitgeber nicht spätestens fünf bis zehn Monate nach Zeugnisausgabe über sein Korrekturanliegen informiert, kann den Anspruch auf Berichtigung des Arbeitszeugnisses verwirken (LAG Mainz, Az.: 1 Sa 1433/01). Nur im Einzelfall ist auch nach längerer Zeit noch eine Berichtigung möglich.
Anspruch auf Berichtigung vom Arbeitszeugnis – Beispiele aus der Rechtspraxis
Jeden Tag wenden sich unzufriedene Empfänger eines ungünstig formulierten oder fehlerhaften Arbeitszeugnisses zur Prüfung an Experten. Der Grat zwischen Fehlinformation und Fehlkommunikation ist schmal, aber so manches Arbeitszeugnis lässt weitaus mehr zu wünschen übrig. Egal wie banal Sie oder jemand anderes Ihr Anliegen finden sollte: Es geht immer noch um Ihre berufliche Zukunft! Sie sitzen nicht allein in diesem Boot und haben einen Anspruch auf Berichtigung des Zeugnisses – unzählige Angestellte haben ähnliche Probleme.
Arbeitszeugnis nicht in Form eines Schulzeugnisses
Ein Arbeitgeber erfüllt den Zeugnisanspruch eines Arbeitnehmers nicht dadurch, dass er Leistung und Verhalten in einer an ein Schulzeugnis angelehnten Tabellenform beurteilt.
Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass sich die individuellen Hervorhebungen und Differenzierungen in der Beurteilung in der Regel nur durch ein im Fließtext formuliertes Arbeitszeugnis angemessen darstellen lassen (Az.: 9 AZR 262/20).
Besser als „befriedigend“? Das braucht Beweise!
Übersetzt in das schulische Notensystem, entspricht der Wortlaut „zur vollen Zufriedenheit“ einer Drei. Eine Zahnarzthelferin wollte diese Bewertung nicht hinnehmen.
Nachdem das Berliner Arbeitsgericht und das LAG Berlin-Brandenburg ihr die Formulierung „stets zur vollen Zufriedenheit“ (also die Note „gut“) zugestanden hatte, entschied das Bundesarbeitsgericht schlussendlich gegen die Klägerin. Selbst Studien, nach denen rund 90 Prozent der untersuchten Arbeitszeugnisse mindestens die Note „gut“ ausweisen würden, änderten nichts am Sachverhalt. Wer vor Gericht eine bessere Bewertung als eine Drei durchsetzen möchte, muss beweisen, dass die gewünschte Benotung gerechtfertigt ist (BAG, Az.: 9 AZR 584/13).
Gute Arbeit, karger Dank
Die Leistungen und das Verhalten eines Baumarktleiters wurden als überdurchschnittlich bewertet. Für den Beurteilten dennoch kein Grund zur Freude. Denn sein früherer Arbeitgeber wünschte ihm im Schlussteil des Arbeitszeugnisses lediglich „alles Gute“. Der ehemalige Arbeitnehmer klagte gegen diese Formulierung: Sie würde den positiven Gesamteindruck mindern.
Die erste Instanz entschied zunächst im Sinne des Klägers. Doch im Revisionsverfahren wurde das Urteil aufgehoben. Die Begründung: Sätze, in denen der Arbeitgeber persönliches Empfinden ausdrückt, sind nicht beurteilungsneutral. Bei Nichtgefallen sind Dankesbekundungen oder Zukunftswünsche zwar zu streichen. Ein Anspruch auf die gewünschte Formulierung besteht aber nicht (BAG, Az.: 9 AZR 227/11).
Abschied ohne Lächeln
Zwei Punkte, ein nach unten gezogener Haken: Diese Elemente befanden sich in der Unterschrift auf dem Arbeitszeugnis eines Ergotherapeuten. Bei näherem Hinsehen konnte so der Eindruck eines Smileys mit heruntergezogenen Mundwinkeln entstehen. Der Unterzeichner erklärte, dass es sich um seine typische Unterschrift handeln würde. Diese sei zwar etwas individuell gestaltet, drücke aber in keiner Weise eine Missachtung gegenüber dem ausscheidenden Mitarbeiter aus.
Das Arbeitsgericht Kiel sah das anders: Der Zeugnisaussteller müsse mit einem lachenden Smiley unterschreiben. Denn gemäß der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind Ausdrücke oder Satzstellungen verboten, die bei Dritten zu Irrtümern oder Mehrdeutigkeiten führen könnten. Die Unterschrift auf dem Arbeitszeugnis dürfe keinen negativen Eindruck bei potenziellen Arbeitgebern erwecken (ArbG Kiel, Az.: 5 Ca 80b/13).
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