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Auf den Punkt

 
  • Eine Rettungsgasse ermöglicht es Einsatzfahrzeugen schneller zum Unfallort zu gelangen.
  • Die Bildung einer Rettungsgasse ist nach § 11 Abs. 2 StVO bereits bei stockendem Verkehr auf Autobahnen und mehrspurigen Straßen außerorts Pflicht.
  • Bei mehrspurigen Straßen ist die Rettungsgasse zwischen der linken und allen anderen Spuren zu bilden. In der Stadt rücken alle Verkehrsteilnehmer bei einspurigen Straßen so weit wie möglich an den Rand.
  • Wer keine Rettungsgasse bildet, kann mit Bußgeldern von 200 bis 320 Euro, zwei Punkten in Flensburg und einem Monat Fahrverbot rechnen.
 

Rettungsgasse: Pflicht und Nutzen

Der Verkehr auf der Autobahn gerät ins Stocken, die Fahrzeuge vor Ihnen signalisieren über die Warnblinker einen Stau und Sie fahren an den Rand Ihrer Fahrbahn, um eine Rettungsgasse zu bilden. Denn dieses lebenswichtige Prinzip ermöglicht es Rettungsfahrzeugen, schnell und ungehindert zum Unfallort zu gelangen, um Verletzten medizinische Hilfe zu leisten. Indem sämtliche Verkehrsteilnehmer beidseitig Platz machen, bildet sich ein Korridor, der als schnelle Route für Polizei, Feuerwehr und Krankenwagen dient. Dieser Zugang kann entscheidend sein, um Leben zu retten oder schwerwiegende Folgen eines Unfalls zu minimieren.

Die gesetzliche Regelung dafür findet sich in § 11 Abs. 2 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO). Sobald der Verkehr auf Autobahnen und mehrspurigen Straßen außerorts nur noch im Schritttempo fährt oder gänzlich steht, müssen die Fahrzeuge eine freie Gasse bilden. Diese entsteht zwischen der ganz linken und der direkt rechts daneben liegenden Fahrspur.

 

Rettungsgasse bilden: So geht's

Wenn Blaulicht und Sirenen näherkommen, zählt jede Sekunde. Egal ob auf der hektischen Autobahn oder in der engen Stadt – die Regeln zum Bilden einer Rettungsgasse sind klar, aber die Umsetzung verlangt Aufmerksamkeit und Kooperation.

Wo Sie die Rettungsgasse bilden, hängt immer von der Anzahl der Spuren ab:

  • In der Stadt bedeutet das bei einspurigen Straßen: Alle rücken so weit es geht an den Rand.
  • Auf der Autobahn und allen anderen Straßen außerorts mit zwei und mehr Spuren ordnen sich die Fahrzeuge auf der linken Spur nach links ein, während sich die anderen nach rechts orientieren.
 

So bildet man eine Rettungsgasse auf der Autobahn

Für Rettungsgassen auf der Autobahn können Sie sich folgende Faustregel merken: Eine Rettungsgasse wird immer zwischen der äußersten linken Spur und der direkt danebenliegenden Spur gebildet. Das sieht dann so aus:

So wird eine Rettungsgasse gebildet

Und dass die Fahrzeuge auf der rechten Spur nach rechts ausweichen, bedeutet nicht, dass sich beispielsweise bei dreispurigen Fahrbahnen die Fahrzeuge der mittleren und der rechten Spur beide auf der rechten Spur treffen. Vielmehr sollte jedes Fahrzeug weiterhin auf der eigenen Spur bleiben, sich eben nur so weit wie möglich rechts halten.

Gut zu wissen: Eine Rettungsgasse ist nicht erst bei Stau zu bilden, sondern bereits bei stockendem Verkehr (§ 11 Absatz 2 StVO).

 

Rettungsgasse bei Baustellen: Darauf müssen Sie achten

In Baustellenabschnitten auf der Autobahn gelten die gleichen Regeln: Die Autos auf der linken Spur weichen nach links aus und die auf der rechten Spur nach rechts – sofern zwei Spuren vorhanden sind. Oft ist der Platz aber so knapp oder die Baustelle nur einspurig, was das Platzmachen schwierig gestaltet. In solchen Fällen sollten Sie in erster Linie Ruhe bewahren. Da Sie keine Möglichkeit zum Ausweichen haben, müssen Sie bis ans Ende der Baustelle fahren, um das Einsatzfahrzeug vorbeizulassen. In der Regel sind solche Engpässe den Einsatzkräften aber bekannt und werden, wenn möglich, umfahren.

 

Notfall auf engen Straßen – Die Rettungsgasse innerorts

Innerhalb geschlossener Ortschaften kann die Situation kniffliger sein. Oft gibt es nur eine Spur pro Richtung. Laut Gesetz müssen Sie innerorts keine Rettungsgasse bilden. Dennoch kommt hier eine andere Rechtsgrundlage ins Spiel: § 38 Absatz 1 StVO ordnet an, dass bei Einsatzfahrzeugen mit Blaulicht und Martinshorn alle übrigen Verkehrsteilnehmer sofort freie Bahn zu schaffen haben.

Für eine Rettungsgasse in der Stadt müssen Sie die Geschwindigkeit drosseln und so weit wie möglich an den Rand fahren. Achten Sie darauf, dass Sie sich parallel zur Fahrbahn befinden, damit kein Fahrzeugteil auf die Straße ragt und den Weg versperrt. Und wenn nicht genug Platz ist? Darf man über rot fahren, wenn ein Krankenwagen kommt? Ja, wenn Sie an einer Ampel stehen, kann es nötig sein, ein Stück in die Kreuzung vorzufahren, damit andere Verkehrsteilnehmer hinter Ihnen genug Raum zum Rangieren haben. Auch Fußgänger und Radfahrer haben in solchen Situationen auf ihren Vorrang zu verzichten und dürfen die Straße nicht mehr überqueren.

 

Dürfen Motorradfahrer durch die Rettungsgasse fahren?

Nein, Motorräder dürfen die Rettungsgasse nicht nutzen. Auch wenn die freie Bahn bei Stau noch so verlockend sein kann, gibt es eine klare Regel: Die Rettungsgasse ist ausschließlich für Einsatzfahrzeuge wie Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienste reserviert. Zuwiderhandeln ist nicht mehr nur moralisch verwerflich, sondern wird auch finanziell geahndet. Wer die Abkürzung zur nächsten Ausfahrt trotzdem wagt, riskiert ein Bußgeld, zwei Punkte in Flensburg und ein einmonatiges Fahrverbot.

 

Keine Rettungsgasse: Strafe fürs Nicht-Bilden

Seit der Aktualisierung der Straßenverkehrsordnung im November 2021 ist das Nichtbilden einer Rettungsgasse kein Kavaliersdelikt mehr. Für das Versäumnis, im Ernstfall Platz für Rettungskräfte zu schaffen, sieht der Bußgeldkatalog empfindliche Strafen vor. Verkehrsteilnehmer, die sich nicht an die Vorschriften halten, müssen mit einem Bußgeld zwischen 200 und 320 Euro rechnen. Dazu kommen in jedem Fall zwei Punkte in Flensburg und ein Fahrverbot von einem Monat. Verstöße werden konsequent geahndet, um die Effektivität der Rettungsgassen und damit die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer zu gewährleisten.

Tabelle: Bußgelder bei Verstoß gegen Rettungsgasse
Hier finden Sie eine Übersicht der Bußgelder, die für das Nicht-Bilden einer Rettungsgasse fällig werden können.

Verstoß
Bußgeld
Keine Rettungsgasse auf einer Außerortsstraße bei stockendem Verkehr gebildet 200 €
… mit Behinderung 240 €
… mit Gefährdung 280 €
… mit Sachbeschädigung 320 €
Kein Platz für Einsatzfahrzeug mit Blaulicht und Martinshorn gemacht 240 €
… mit Behinderung 280 €
… mit Gefährdung 300 €
… mit Sachbeschädigung 320 €

Was kostet es, durch die Rettungsgasse zu fahren?
Wer unberechtigt die Rettungsgasse befährt, muss mit Bußgeldern rechnen, die je nach Auswirkung des Verstoßes gestaffelt sind: Einfaches Befahren ohne Folgen schlägt mit 240 Euro zu Buche. Kommt es zur Behinderung von Hilfskräften, erhöht sich die Strafe auf 280 Euro. Eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer durch die Nutzung der Rettungsgasse kostet 300 Euro. Verursachen Sie dabei sogar einen Unfall, liegt das Bußgeld bei 320 Euro.

 

Folgen bei Behinderung von Rettungskräften

Die Behinderung von Rettungskräften ist ein ernstes Vergehen, das neben den offensichtlichen moralischen Bedenken auch rechtliche Konsequenzen nach sich zieht. Dies wurde durch das Oberlandesgericht Hamm bestätigt. Es verhängte eine Geldstrafe von 110 Tagessätzen in Höhe von jeweils 65 Euro und ein viermonatiges Fahrverbot für einen Autofahrer, der durch sein unkooperatives Verhalten die Arbeit der Rettungsdienste behindert hatte (OLG Hamm, Urteil v. 10. März 2022, Az.: III-4 RVs 2/22).

In einem ähnlichen Fall in Berlin wurden Strafverfahren gegen zwei Männer eingeleitet, nachdem sie durch eine Protestaktion einen Rettungseinsatz behindert hatten. Eine Radfahrerin war hier in einen Unfall mit einem Betonmischer geraten. Aufgrund der Handlung der Angeklagten musste die Polizei einen Teil der Stadtautobahn sperren, was zur Folge hatte, dass ein Rettungswagen nicht rechtzeitig zum Unfallort kam. Die Anklagepunkte gegen die beiden sind unterlassene Hilfeleistung und Behinderung hilfeleistender Personen. Dies kann nach dem Strafgesetzbuch mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder einer Geldstrafe geahndet werden.

 

Krankenwagen aus Versehen behindert

Auch wenn Sie es nicht beabsichtigt haben, einen Krankenwagen zu behindern, sind die rechtlichen Konsequenzen klar definiert. Ein aktuelles Urteil des Kammergerichts zeigt, dass Unwissenheit nicht vor Strafe schützt. Demnach ist es die Pflicht jedes Verkehrsteilnehmers, sofort Platz zu machen, sobald Blaulicht oder Martinshorn wahrgenommen werden – oder hätten wahrgenommen werden können. Das Ignorieren dieser Pflicht kann zu einer Verurteilung führen, selbst wenn Sie angeben, das Martinshorn nicht gehört zu haben (KG, Beschl. v. 18.02.2020 - 3 Ws (B) 11/20).

 

Kann ich andere, die durch eine Rettungsgasse fahren, anzeigen?

Ja. Wenn Sie Zeuge werden, wie Fahrzeuge unrechtmäßig die Rettungsgasse nutzen, können Sie dies anzeigen. Sie sollten dann das Kennzeichen des Fahrzeugs notieren und den Vorfall den zuständigen Behörden melden. Ihre Meldung kann dazu beitragen, dass solche Verstöße verfolgt und entsprechend geahndet werden. Strafe garantiert das jedoch nicht.

 

Darf man für Rettungsgasse den Standstreifen befahren?

Was viele Verkehrsteilnehmer nicht wissen: Beim Bilden einer Rettungsgasse ist der Standstreifen freizuhalten – er gehört nicht zum Korridor, der für die Durchfahrt der Rettungsfahrzeuge gedacht ist.

Der Standstreifen muss für Notfälle und für Einsatzfahrzeuge, die auf diesem Weg zur Unfallstelle gelangen, freigehalten werden. Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn die Polizei ausdrücklich dazu auffordert, den Seitenstreifen zu befahren oder wenn es keine andere Möglichkeit gibt, eine Rettungsgasse zu bilden.

 

Teure Abkürzung: Strafe für das Befahren des Standstreifens

Wenn Sie den Standstreifen unberechtigt befahren, können Sie ebenfalls mit Bußgeldern rechnen, die je nach Situation variieren.

  • Das Befahren des Seitenstreifens kann ein Bußgeld von mindestens 55 Euro nach sich ziehen.
  • Nutzen Sie den Seitenstreifen, um im Verkehr schneller voranzukommen, steigt das Bußgeld auf mindestens 75 Euro. Zudem wird ein Punkt in Flensburg vermerkt.
  • In schwerwiegenderen Fällen, wie zum Beispiel, wenn ein Unfall verursacht oder wenn der Seitenstreifen zum Wenden oder Rückwärtsfahren benutzt wird, kann das Bußgeld zwischen 130 und 195 Euro betragen, zusätzlich zu einem Punkt in Flensburg.

Es ist also essenziell, den Standstreifen nicht als extra Fahrspur zu betrachten und ihn für Notfälle und autorisierte Fahrzeuge freizuhalten. Die Missachtung dieser Regel kann nicht nur teuer werden, sondern auch die Verkehrssicherheit ernsthaft beeinträchtigen.

 

Wie ist es in den Nachbarländern? Rettungsgasse in Österreich, Italien, Frankreich & Co.

Die Regeln zur Bildung einer Rettungsgasse variieren in Europa von Land zu Land. In Deutschland, wie auch in Österreich und der Schweiz, ist es vorgeschrieben, eine Rettungsgasse bereits bei stockendem Verkehr zu bilden. Hier haben sich die Fahrzeuge auf der linken Spur ganz links und alle anderen so weit wie möglich rechts einzuordnen. Luxemburg erlaubt Autofahrern, in Notfallsituationen auf den Pannenstreifen auszuweichen, um die Durchfahrt für Rettungsfahrzeuge zu ermöglichen.

Demgegenüber gibt es in Ländern wie Italien, Spanien und den Niederlanden keine spezifischen Regelungen zur Rettungsgasse. Hier müssen Verkehrsteilnehmer jedoch Einsatzfahrzeugen die Möglichkeit geben, vorbeizufahren.

Die Bußgelder für das Nichtbilden einer Rettungsgasse können in einigen dieser Länder deutlich höher sein als in Deutschland. So kann in Österreich das nicht korrekte Bilden einer Rettungsgasse mit über 700 Euro geahndet werden, und bei einer Behinderung von Rettungsfahrzeugen kann die Strafe auf über 2.000 Euro ansteigen.

In den folgenden europäischen Ländern müssen Sie eine Rettungsgasse bilden:

  • Belgien
  • Deutschland
  • Kroatien
  • Litauen
  • Luxemburg
  • Österreich
  • Polen
  • Schweiz
  • Slowakei
  • Slowenien
  • Tschechien
  • Ungarn
 

Jan Lukas Kemperdiek, LL.M.

Fachanwalt für Verkehrsrecht, Medizinrecht und Versicherungsrecht

  • Rechtsanwalt und Partner, advomano Rechtsanwälte
  • ARAG Partneranwalt & Verkehrsrechts-Experte
  • Seit 2015 zugelassener Rechtsanwalt

Es ist mir eine Freude, mich durch komplizierte Zusammenhänge zu arbeiten und die aktuelle Rechtsprechung verständlich aufzuarbeiten. Übrigens, ich beantworte gerne Fragen - mich kann man erreichen unter:

kemperdiek@advomano.de

 

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