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Neulich sprach ich in meinem Anwaltsbüro mit einer Mandantin. Das Handy der zweifachen Mutter gab plötzlich einen Alarmton von sich, worauf diese ganz hektisch wurde. „Meine Tochter hat ihren normalen Schulweg verlassen“, sagte sie nach einem Blick aufs Display. „Die rufe ich besser gleich mal an.“

Ist die digitale Überwachung ok?

Zum Glück war gar nichts Großartiges passiert. Die kleine Melanie hatte, ohne Absprache mit Mama, einen Schulkameraden nach Hause begleitet, um ein Buch abzuholen. Die Mutter war beruhigt. Aber mir war bei näherem Nachdenken etwas mulmig zu Mute. Ist das eigentlich o.k., eine Zehnjährige wie Melanie sozusagen auf Schritt und Tritt zu überwachen, egal ob auf dem Schulweg oder dem Spielplatz?

Kommen jetzt die Drohnen-Eltern?

Genauer Standort per Knopfdruck

Möglich ist es mittlerweile jedenfalls. Mit optisch schicken Smartphone-Apps wie iNanny oder Synagram lässt sich auf Knopfdruck jederzeit der Standort des eigenen Kindes überprüfen. Genutzt wird das GPS-System, das die Position jedes Mobiltelefons metergenau ermitteln kann. Das deutsche Start-up „Familonet“ zählt mit seinem kostenlosen Angebot nach eigenen Angaben bereits 600.000 User.

Kommen die Drohnen-Eltern?

Auf den ersten Blick beschert es Eltern natürlich ein Gefühl der Sicherheit, jederzeit zu wissen, wo das eigene Kind sich aufhält. Aber ist so eine Komplettüberwachung auch sinnvoll? Verwandeln sich Erziehungsberechtigte da nicht in Drohnen-Eltern?

Auch Kinder haben Rechte

Als Jurist schaue ich zuerst auf die Rechtslage. Kinder sind keine rechtlosen Wesen – auch nicht gegenüber den eigenen Eltern. Jede Erziehungsmaßnahme muss, so sagt es das Gesetz, dem „Wohl des Kindes“ dienen. Das dürfte jedenfalls dann entfallen, wenn mit der Dauer-Kontrolle ein wichtiges Ziel aus den Augen gerät – die Erziehung jedes Kindes zur Eigenverantwortung.

Kontraproduktiv für die Entwicklung des Kindes

Und genau das ist die Gefahr bei den Nanny-Apps. „Für die Kindesentwicklung ist es eine Katastrophe“, sagt etwa Ekkehard Mutschler vom Deutschen Kinderschutzbund im „Spiegel“. „Verunsicherte Kinder vermuten überall Gefahren und haben das Gefühl, dass immer etwas passieren kann.“

Schock für Jugendliche vermeiden

Ganz entschieden warnen Experten davor, die eigenen Kinder auch noch heimlich zu überwachen. „Wenn Eltern heimlich die Kinder elektronisch ausspionieren, ist das vergleichbar mit dem Schock, wenn Jugendliche entdecken, dass Vater oder Mutter das Tagebuch gelesen haben", erläutert Barbara Buchegger von der Initiative „Safer Internet“ im Wiener „Kurier“.

Eltern müssen loslassen können

Sehr viele Bedenken, über die ich auch noch lange mit meiner Mandantin gesprochen habe. Für sie ist es sowieso nur noch eine Frage der Zeit, bis die zehnjährige Melanie keine Lust mehr hat auf eine Mami, die ihr virtuell ständig über die Schulter blickt.

Rafael, der dreizehnjährige Bruder von Melanie, weiß jedenfalls schon lange, wie er die Nanny-App auf seinem Smartphone deaktivieren kann. Auch gegen den Willen seiner Mutter. Meine Mandantin sieht es realistisch: „Als Mutter muss ich dann vielleicht auch mal loslassen können.“

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