Das Spiel erinnert an Katz und Maus. Während die Polizei mit bundesweiten „Blitzer-Marathons“ Tempo­sünder jagt, halten Autofahrer dagegen. Sie tun das mit modernster Technik. Hundert­tausende haben schon eine Blitzer-App auf ihrem Smartphone installiert; die Programme gehören zu den Bestsellern in allen App-Stores.

Blitzer-Apps sind gratis oder kosten nur ein paar Euro. Sie warnen dank der GPS-Anbindung des Smartphones nicht nur punktgenau vor festen Blitzern. Auch bei mobilen Messungen erzielen die Geräte eine hohe Trefferquote. „Kein Fehlalarm in den letzten sechs Wochen“, gibt etwa „Vielfahrer60k“ im Internet zu Protokoll. Solche euphorischen Bewertungen gibt es hunderte.

Die Polizei ist verständlicher­weise nicht begeistert, wenn ihre Tempo­kontrollen unterlaufen werden. Deshalb warnen immer mehr Dienststellen vor Blitzer-Apps. Neben einem Bußgeld von 75 Euro drohen laut Polizei auch Punkte in Flensburg. Sogar die Beschlag­nahme und Vernichtung des Mobil­telefons sei möglich.

Ganz so eindeutig ist die Rechtslage freilich nicht. Die Straßenverkehrs­ordnung verbietet zwar Radar­warner im klassischen Sinn. In den siebziger Jahren hatte der Gesetzgeber aber nur Geräte im Auge, die tatsächlich Signale von Mess­anlagen auffangen oder sie sogar stören. Davon kann bei Blitzer-Apps keine Rede sein. Sie senden selbst keine Störsignale, sondern nutzen zur Ortsbe­stimmung das GPS-Signal, wie jede andere Handy-App auch. Und die Datenbank mobiler Blitzer speist sich ausschließlich aus den Meldungen, die einzelne Nutzer per Tastendruck machen. Mit technischen Argumenten lässt sich ein Verbot von Blitzer-Apps also nicht rechtfertigen.

Von daher stellt sich schon die Frage, warum ausgerechnet Blitzer-Apps böse sein sollen. Eine Erklärung wäre natürlich, dass angepasste Fahrweise zu weniger Bußgeldern führt. Aber ums liebe Geld darf es offiziell natürlich nicht gehen. Verkehrs­juristen und Politiker fordern deshalb schon seit geraumer Zeit etwas mehr Ehrlichkeit – und eine ausdrücklich Legalisierung von Blitzer-Apps.

Experten sehen eine rechtliche Grauzone. Eine schnelle Klärung durch die Gerichte ist nicht zu erwarten. Denn in der Praxis hat die Polizei riesige Probleme, einem Autofahrer überhaupt etwas nachzuweisen.

Das fängt schon damit an, dass Blitzer-Apps legal auf jedes Handy geladen werden dürfen. Jedermann darf sie auch nutzen und aktuelle Blitzer­standorte abfragen, etwa zu Hause oder auf dem Rastplatz. Einzig dem „Führer eines Kraftfahrzeugs“ ist die Nutzung verboten.

Dass ein Smartphone aber tatsächlich per Pieps vor Blitzern gewarnt hat, ist kaum nachzuweisen. So dürfen sich Autofahrer nach derzeitiger Rechtslage schlicht weigern, ihr Handy für eine App-Kontrolle zu entsperren. Aber selbst wenn der Autofahrer die PIN herausgibt, wäre eine „Inspektion“ ins Blaue hinein klar rechtswidrig.

Zum einen, weil die Polizei für ihre Maßnahmen immer einen konkreten Anfangsverdacht braucht. Zum anderen, weil jedes Handy geschützte Kommunikation enthält. Im Zweifel müssten die Beamten also einen richterlichen Beschlagnahme­beschluss erwirken. Der allerdings erscheint kaum vorstellbar, schon wegen fehlender Verhältnis­mäßigkeit.

Auf jeden Fall fein raus sind Autofahrer, die nicht alleine im Auto sitzen. Der Beifahrer darf eine Blitzer-App nämlich nach Lust und Laune auf seinem Telefon laufen lassen. Dass der Fahrer die Meldungen mithört, ist ganz eindeutig nicht verboten.

Katz und Maus in Sachen Blitzer-Apps geht also munter weiter. Momentan mit klaren Vorteilen für die Maus.

Nachtrag: Das Oberlandesgericht Celle hat aktuell entschieden, dass Blitzer-Apps auf dem Handy nicht erlaubt sind und ein Bußgeld verhängt werden, wenn der Fahrer sie benutzt (Aktenzeichen OLG Celle, 2Ss OWI 313/15). Ob sich auch andere Oberlandesgerichte und letztlich der Bundesgerichtshof dieser Rechtsprechung anschließen, ist noch offen.

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